William Dieterle Filmpreis 2013 an Klaus Stanjek

Sonderpreis an Katinka Zeuner – Preisverleihung am 18. Oktober 2013 im Theater im Pfalzbau

Der William Dieterle Filmpreis 2013 der Stadt Ludwigshafen am Rhein geht an den Dokumentarfilmer Klaus Stanjek für seinen Film "Klänge des Verschweigens". Den Sonderpreis gewinnt Filmemacherin Katinka Zeuner mit "Jalda und Anna – Erste Generation danach". Die Auswahl der Preisträger 2013 erfolgte nach dem einstimmigen Votum der Juroren Helga Reidemeister, Dokumentarfilmerin, Dr. Helmut Groschup, Direktor des Internationalen Filmfestivals Innsbruck und Wolfgang Martin Hamdorf, Filmkritiker und Publizist.
 
Das gab die Vorsitzende des Beirates des William Dieterle Filmpreises, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse, in einem Pressegespräch am Freitag, 16. August 2013, im Ernst-Bloch-Zentrum bekannt.

Der Beirat des William Dieterle Filmpreises schloss sich dem Votum der Jury an. Ihm gehören neben OB Dr. Lohse, Kulturdezernentin Prof. Dr. Cornelia Reifenberg, der Leiter des Ernst-Bloch-Zentrums, Dr. Klaus Kufeld, sowie die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat an.

Der William Dieterle Filmpreis ist mit 7.500 Euro dotiert, der Sonderpreis mit 2.500 Euro. Der William Dieterle Filmpreis wird in einem Festakt am 18. Oktober 2013, 19.30 Uhr, im Gläsernen Foyer des Theaters im Pfalzbau zum Auftakt der IX. Festspiele Ludwigshafen von Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse vergeben. Die Sängerin Cornelia Schirmer umrahmt den Festakt mit einem Programm aus Arbeiterliedern und Chansons. Die Organisation des zweiten großen Kulturpreises der Stadt trägt das Ernst-Bloch-Zentrum.

Die Begründung der Jury für den William Dieterle Preis lautet:

"Klänge des Verschweigens" hat uns berührt. Wegen seiner filmischen Qualitäten und seiner inhaltlichen Brisanz schlagen wir ihn einstimmig für den William Dieterle Preis 2013 vor. Klaus Stanjek erzählt ungewöhnlich offen und mutig über seine persönliche Familiengeschichte die Mechanismen von Diskriminierung, Ausgrenzung, Vernichtung und jahrzehntelangem Verschweigen.

Die sorgfältig und empfindsam gestaltete Musikebene, mit Beispielen des Repertoires von Klaus Stanjeks Onkel Willi, und die sehr persönliche Textebene wird ergänzt durch eine hervorragende Mischung von aktuellen Bildern, Archivmaterialien und ausdrucksstarken, wie entlarvenden Familiengesprächen.

Man spürt die Zuneigung des Regisseurs zu seiner Hauptfigur, die ihn über Jahre hinweg antreibt das Dickicht aus Verschweigen, Halbwahrheiten und Unterstellung in der eigenen Familie zu lichten. Über ebenso unermüdliche, wie tief gehende Fragen entsteht eine gleichzeitig spannungsreiche und schmerzliche Geschichte, die exemplarisch den Muff und die unzureichende Erinnerungsbereitschaft in unzähligen deutschen Familien spürbar macht.

William Dieterle Preis: Informationen zu Film und Regisseur
"Klänge des Verschweigens – Ein dokumentarischer Musikfilm" zeichnet die Lebensgeschichte des Sängers und Pianisten
Wilhelm Heckmann nach, der bis in die sechziger Jahre in Deutschland und der Schweiz konzertierte. Nach anfänglicher Förderung durch die NS-Kulturpolitik wurde Heckmann 1937 wegen seiner bisexuellen Orientierung als Homosexueller in die KZs Dachau und später Mauthausen deportiert. Regisseur Klaus Stanjek ist der Neffe Heckmanns und thematisiert in "Klänge des Verschweigens" nicht nur dessen Rolle als Musiker und KZ-Insasse, sondern vor allem auch die familiäre Aufarbeitung einer verdrängten deutschen Geschichte.

Klaus Stanjek wurde 1948 in Wuppertal geboren, studierte zunächst Psychologie und Biologie und promovierte mit kulturanthropologischer Forschung am Max-Planck-Institut. Ab 1979 studierte er Dokumentarfilm an der HFF München und arbeitete in Folge als Dozent an zahlreichen Filmhochschulen im In- und Ausland. Seit 1983 baute er seine eigene Produktionsfirma auf und produzierte zahlreiche Filme unter anderem über Gegenwelten, Kinderwelten und Utopien. 1993 erhielt er den Ruf als Professor an die HFF Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg, wo er bis heute lehrt.

Die Begründung der Jury für den Sonderpreis lautet:

"Jalda und Anna – Erste Generation danach" gibt über das Porträt zweier starker Frauenfiguren einen lebendigen und unkonventionellen Blick auf jüdisches Leben der Gegenwart in Berlin. Uns hat besonders die humorvolle und vitale Liebe zur eigenen Identität begeistert, die Fähigkeit des Films Klischees anzusprechen und immer wieder zu verneinen. Dabei nehmen Katinka Zeuner und Ben Laser in ihrem Film den Zuschauer mit auf eine Reise von Berlin nach Israel und sprechen offen über deutschjüdische Vergangenheit; mit Freude, Satire und Witz wird das schlimmste Thema angegangen, aber immer aus der Perspektive ihrer lebensbejahenden Hauptfiguren: Wir möchten dieses mitreißende und inhaltsreiche Porträt zweier jüdischer Künstlerinnen in Berlin für den William Dieterle Sonderpreis zur Förderung der Verständigung zwischen verschiedenen ethnischen und kulturellen Gruppen vorschlagen."

Sonderpreis: Informationen Film und Regisseurin

Der Dokumentarfilm zeigt das Leben der Künstlerinnen Jalda Rebling und Anna Adam. Sie sind Jüdinnen und sie sind die "Erste Generation danach", Töchter von Müttern, die Auschwitz überlebt haben. Zwei Jahre lang hat die Filmemacherin Katinka Zeuner mit Co-Regisseur Ben Laser das Paar durch ihren Alltag begleitet und zeichnet mit "Jalda und Anna – Erste Generation danach" ein Porträt zweier Frauen, die heute in Berlin leben und gemeinsam einen freudvollen Zugang zu ihrem Jüdischsein gefunden haben.

Katinka Zeuner (Jahrgang 1978) hat sich nach ihrem Politologiestudium an der freien Filmschule filmArche in Berlin zur Kamerafrau und Dokumentarfilmerin weitergebildet. Seit mehreren Jahren arbeitet sie nun als freie Filmemacherin. Ihren Schwerpunkt legt sie dabei auf die kreative Bearbeitung gesellschaftspolitischer Themen sowie auf die Vermittlung dieser Inhalte durch das Medium Film. "Jalda und Anna – Erste Generation danach"  ist ihr erster langer Dokumentarfilm. Zuvor realisierte sie zusammen mit Hans Jan Puchstein den Film "Es war ein anderes Leben – Mit der Jugend-Alijah nach Palästina". In dem Dokumentarfilm "Sounds Queer" (Regie: Dan Bahl) führte sie die Kamera.

Informationen zum William Dieterle Filmpreis

Der William Dieterle Filmpreis wurde zum 100. Geburtstag des in Ludwigshafen geborenen Regisseurs und Schauspielers
William (Wilhelm) Dieterle im Jahre 1993 zum ersten Mal vergeben. Er wird im dreijährigen Turnus ausgeschrieben. Die Stadt Ludwigshafen am Rhein zeichnet mit dem Hauptpreis Filmemacherinnen und Filmemacher im deutschsprachigen Raum für herausragende cineastische Leistungen in der Beschäftigung mit kulturellen und gesellschaftlichen Fragen aus. Der Sonderpreis wird zur Förderung der Verständigung zwischen verschiedenen kulturellen und ethnischen Gruppen vergeben.

Bisherige Preisträger waren unter anderem Gordian Maugg, Jeanine Meerapfel und Alcides Chiesa, Lutz Dammbeck, Fatih Akin, Andreas Dresen, Marc Rothemund, Sandra Hacker,
Christopher Buchholz, Marie Miyayama und Rick Minnich.

Der in Ludwigshafen geborene William (Wilhelm) Dieterle (1893 bis 1972) hat als Schauspieler und Regisseur für Theater und Film eine erfolgreiche Karriere gemacht. Stationen seines Erfolgs sind zahlreiche Bühnenrollen, unter anderem bei Max Reinhardt in Berlin, Salzburg und Wien, außerdem 52 Hauptrollen in in- und ausländischen Filmen. Bei 81 Filmen führte er Regie. Anfang der 1930er Jahre ging er in die USA. Neben seinen preisgekrönten biographischen Verfilmungen (Louis
Pasteur, Emile Zola, Paul Ehrlich) war er unter anderem mit der Verfilmung von  "Ein Sommernachtstraum" oder mit dem weltbekannten Stoff von Victor Hugos "Der Glöckner von Notre Dame" erfolgreich. Dieterle, der in seinen Filmen Toleranz und Humanismus thematisierte, zeigte sich auch außerhalb seiner Filme sozial engagiert. So setzte er sich beispielsweise für von den Nazis vertriebene Künstlerinnen und Künstler ein und gründete ein "Hilfskomitee für deutsche Schauspieler".

Weitere Informationen unter ludwigshafen.de.