"Mehr als Beratung" - Ludwigshafener Erziehungsberatungsstellen legen gemeinsamen Jahresbericht vor

Eine regionale Anlaufstelle, in der fachlich kompetente Beraterinnen und Berater in angenehmer Gesprächsatmosphäre mit den Ratsuchenden neue Perspektiven entwickeln - das wünschen sich Familien, die in Erziehungsfragen, bei der Klärung und Bewältigung familienbezogener Probleme und bei Trennung und Scheidung Unterstützung suchen.

Ines Ellesser, Leiterin der städtischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern im Bereich Jugendförderung und Erziehungsberatung, und Angela Bandlitz, Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung im Caritas-Zentrum Ludwigshafen, stellten ihre gemeinsame Bilanz für das Jahr 2017 am 7. Juni 2018 im Jugendhilfeausschuss vor.

Das Tätigkeitsfeld der Beratungsstellen umfasst weit mehr als die traditionelle Erziehungsberatung. Die Fachkräfte sind kompetente Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für alle Institutionen der Region, mit denen sie Veranstaltungen, Vorträge und Fortbildungen planen und durchführen. Sie nutzen darüber hinaus moderne Medien und Beratungsmethoden, um Familien und jungen Menschen ein breiteres Hilfsangebot bieten zu können. Netzwerkarbeit und Kooperationen sind dabei wesentliche Bestandteile eines vollumfänglichen Beratungsangebots. Dies zeigte sich unter anderem in der Vernetzung mit einer Kindertagesstätte in Ludwigshafen In mehreren Treffen wurde die städtische Erziehungsberatungsstelle und ihr Leistungsspektrum vorgestellt, ein kollegiales Beratungskonzept eingeführt sowie Techniken und Methoden im Umgang mit herausfordernden Situationen in der Hort-Arbeit vermittelt. Die Zusammenarbeit war so erfolgreich, dass geplant ist, weitere Horteinrichtungen der Region einzuladen.

Für Familien mit komplexen Problemlagen und schwierigen Familienkonstellationen ist - neben einer fachlichen Begleitung durch Beraterinnen und Berater - der Austausch mit anderen Familien eine wertvolle Ressource, um neue Wege in Erziehungsfragen zu beschreiten. Das Multifamilientraining (MFT LU) ist ein Angebot der Städtischen Erziehungsberatungsstelle, des Caritas-Zentrums und der Ökumenischen Fördergemeinschaft. Seit nunmehr fünf Jahren können sich Eltern und Kinder in offener Atmosphäre über Erziehungsregeln, Kommunikationsprobleme, Bedürfnisse und Wünsche austauschen. Mit Hilfe der Gruppe überwinden sie festgefahrene "Denkfallen" und schöpfen Mut, neue individuelle Verhaltensmuster auszuprobieren. Aktuell finden die Veranstaltungen zweimal jährlich statt, eine zeitliche Erweiterung ist geplant. Die teilnehmenden Familien bewerten das Training positiv. Sie haben das gegenseitige Verständnis in der Gruppe, die vertrauensvolle Atmosphäre und den Zusammenhalt als hilfreich empfunden. Die Erkenntnis, nicht alleine mit den Problemen zu sein und die Möglichkeit, positive Erfahrungen und Tipps auszutauschen, helfen dabei, sensibler im Umgang mit sich und anderen zu werden.

Um insbesondere Familien aus ländlichen Regionen den Zugang zur Beratung zu erleichtern, bietet das Caritas-Zentrum in Zusammenarbeit mit der BKE (Bundeskonferenz für Erziehungsberatung) und dem deutschen Caritas-Verband seit über zehn Jahren ergänzende Online-Beratungen an. Das Angebot reicht dabei von Einzelmailberatung, über Themenchats, zum Beispiel "Leben mit einem Kind mit Behinderung", bis hin zu einer offenen virtuellen Sprechstunde am Abend. Auch Jugendliche profitieren von der Möglichkeit, schambesetzte oder stigmatisierte Themen in dem ihnen vertrauten Medium unkompliziert und anonym ansprechen zu können. Neben Einzelchats werden von Fachkräften moderierte Gruppenchats für Jugendliche angeboten. Dies ist ein niederschwelliges Angebot für Jugendliche, die sich über das Beratungsangebot und zugehörige Themen informieren wollen. Im vergangenen Jahr wurde die Online-Beratung von 22 Klienten in Anspruch genommen.

Weitere Themenschwerpunkte und Projekte der Beratungsstellen umfassten Beratungsangebote zu Notendruck und Schulproblemen, die Beratung von Eltern in Trennungs- und Scheidungssituationen im Rahmen des "Ludwigshafener Elternkonsens" (LuKo) und Fachberatungen und Netzwerkarbeit zum Thema Kinderschutz. Die Aufsuchende Familientherapie und das kunsttherapeutische Projekt der städtischen Beratungsstelle "Kunst tut gut" mit geflüchteten Jugendlichen wurden auch 2017 erfolgreich fortgeführt.

"Die Beiträge in dem gemeinsamen Jahresbericht geben einen Einblick in das vielfältige Angebot der beiden Beratungsstellen und machen deutlich, dass gute Vernetzung ein Erfolgsfaktor ist", erklärte Prof. Dr. Cornelia Reifenberg, Bürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen.

Zum Hintergrund

Im vergangenen Jahr haben insgesamt 1.756 Familien Rat und Unterstützung bei den beiden Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern in Ludwigshafen gesucht. Der Schwerpunkt der Altersverteilung der Kinder und jungen Menschen lag in beiden Einrichtungen mit über 59 Prozent zwischen sechs und 15 Jahren. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund lag zwischen 41 und 46 Prozent. Über 70 Prozent der ratsuchenden Familien oder jungen Volljährigen finanzierten ihren Lebensunterhalt aus Erwerbstätigkeit. Gründe für die Hilfegewährung waren in beiden Beratungsstellen in erster Linie Entwicklungsauffälligkeiten, Belastungen der jungen Menschen durch familiäre Konflikte sowie schulische und berufliche Probleme.