Zur Zeit der Weimarer Republik war die Förderung gemeinnützigen Bauens erstmals in der Verfassung verankert. In Ludwigshafen setzte die GAG Anfang der 1920er Jahre den Grundstein zur Linderung der grassierenden Wohnungsnot. Im Vordergrund stand, eine menschenwürdige Architektur zu schaffen, die auch für untere Einkommensschichten bezahlbar war. Bis heute prägen die wegweisenden Bauten das Stadtbild.

Es gibt zahlreiche Fälle, in denen sich ein Blick auf die geschichtlichen Ursprünge eines Wohnungsbauunternehmens lohnt. Denn so lässt sich erkennen, welchen Stellenwert es für die Entwicklung einer Stadt aus baulicher, aber auch aus sozialer Perspektive hat. Die GAG Ludwigshafen ist ein solcher Fall. Denn ihre Ursprünge liegen in einer Zeit, da Ludwigshafen wie so viele andere Städte unter der prekären Situation nach dem Ersten Weltkrieg litt. Die Währung verlor rasch an Wert, Kohle und Lebensmittel wurden auch in Ludwigshafen knapp. Die angespannte Lage gipfelte gar am 24. Februar 1920 in einer Großdemonstration in der Innenstadt mit etwa 20.000 Beteiligten, die den damaligen Oberbürgermeister Friedrich Krafft in Bedrängnis und schließlich zum Rücktritt brachte. Streiks und Unruhen hielten noch das ganze Jahr über an.

Den Mangel an Wohnraum bewältigen

In dieser schwierigen Zeit der finanziellen Not und sozialen Spannungen schien es fast unmöglich, die mangelhafte Lage am Wohnungsmarkt allein durch private Bauherren zu bewältigen. Um die Situation für Menschen mit geringem Einkommen zu verbessern, war es nötig, den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Hier setzte die Aufgabe der Stadt an, die Idee war, eine mehrheitlich von ihr getragene Gemeinnützigen Aktiengesellschaft ins Leben zu rufen, die Darlehen von Banken zur Deckung von Baukosten aufnimmt, um kostengünstigen Wohnraum zu fördern. Große Firmen und Banken konnten sich an der Gesellschaft beteiligen und Kapital zur Finanzierung neuer Bauten einbringen. Im Juni 1920 fand im Ratssaal der Stadt die Gründungsversammlung der GAG statt. Die Mehrheit der Anteile hatte mit 60 Prozent die Stadt, weitere hielten in Ludwigshafen ansässige Großunternehmen.

Sozialer Wohnungsbau in der Weimarer Republik

Die politischen Zeichen der Zeit waren für das Gründungsdatum der GAG ideal, denn in der Weimarer Republik (1918 bis 1933) wurden die Weichen für sozialen Wohnungsbau durch die Reichsverfassung, genauer durch Artikel 155, gestellt. Darin wurde unter anderem festgelegt, dass allen Deutschen – insbesondere Familien – gesunder und den Bedürfnissen entsprechender Wohnraum zur Verfügung gestellt werden müsse. Die Verfassung ging sogar so weit anzuordnen, dass „Grundbesitz, dessen Erwerb zur Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses, zur Förderung der Siedlung und Urbarmachung oder zur Hebung der Landwirtschaft nötig ist“, enteignet werden könne. Mit Grundbesitz ging also eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft einher.

Die soziale Komponente des Bauens

Es musste rasch gehandelt werden. Kriegsheimkehrer benötigten Wohnungen, die Geburtenrate stieg an und Baumaterial war nicht ausreichend vorhanden. Markus Sternlieb wurde als Stadtbaumeister und Vorstand der GAG zur treibenden Kraft und begann mit dem Aufbau einer effizienten Struktur. Sternlieb hatte Einfluss auf alle Bauprojekte, bis ins Detail bei Fassadenverzierungen oder Beleuchtungen bestimmte er die Fertigstellung. Seine Arbeit war von verschiedenen Stilrichtungen geprägt, darunter durchaus erkennbar das Bauhaus oder die sogenannte Österreichische Arbeiterarchitektur, eine speziell in Wien angewendete Form des kommunalen sozialen Wohnungsbaus. Eine große Rolle für die Bautätigkeiten der GAG spielte wohl auch die Idee des Neuen Bauens: Ziel der Bewegung in Architektur und Städtebau war, einfache aber qualitätvolle Häuser und Wohnungen mit einer guten Innenausstattung auf der technischen Höhe der Zeit zu entwickeln und damit eine neue Form des Bauens umzusetzen, bei der gesunde Wohnbedingungen im Zentrum standen. Vorbei sein sollten beengte Verhältnisse und dunkle Bauten, die der Gesundheit abträglich waren. Sternliebs Entwürfe waren dabei sehr modern und funktional. Wie eine Wohnung beschaffen sein sollte, hing von der Überlegung ab, wozu ein Raum verwendet wird und wie das Mobiliar darin möglichst optimal platziert werden kann.

Das Stadtbild geprägt

Seit 1921 wurde die GAG auch für Baugenossenschaften oder Arbeitgeber tätig. Sie konzentrierte sich außerdem verstärkt auf die Bebauung in der Innenstadt, besonders in den Stadtteilen Nord und Süd, wo es galt, Baulücken aufzufüllen. Insgesamt errichtete die GAG seit ihrer Gründung in den ersten vier Jahren ihres Bestehens 60 Prozent der öffentlich geförderten Wohnungen und etwa ein Drittel aller in dieser Zeit in Ludwigshafen erbauten Wohnungen. Bis 1938 entstanden Großprojekte wie der Rote und der Grüne Hof, die Ebertsiedlung, die Westend- und die Christian-Weiß-Siedlung – Projekte, die bis heute das Stadtbild Ludwigshafens prägen. Ende der 1930er Jahre waren über 3.000 Wohnungen entstanden. Einen massiven Rückschlag brachte der Zweite Weltkrieg mit großen Zerstörungen, 1945 war fast die Hälfte des Bestandes der GAG zerstört oder unbewohnbar, nur ein kleinerer Teil war ohne größeren Schaden. In den folgenden Jahrzehnten des Wiederaufbaus entstanden unter anderem wichtige Projekte wie die Valentin-Bauer-Siedlung, die Ernst-Reuter-Siedlung der neue Stadtteil Pfingstweide. Heute ist die GAG die größte kommunale Baugesellschaft in Rheinland-Pfalz und ist nach wie vor eine treibende Kraft der modernen Stadtentwicklung.