"Kultur und Kulturschaffende als Motor der Stadtentwicklung anerkennen"

Mit der im März 2018 gestarteten Gesprächsreihe "Stadt.Kultur 2018" hat das Kulturdezernat der Stadt Ludwigshafen unter Federführung des Kulturbüros zu einem breit angelegten Austausch mit Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft eingeladen. Erklärtes Ziel dieses Angebotes war und ist es, einen intensiven Dialog zum Thema Kultur in Ludwigshafen anzustoßen. Vier zentrale Fragen standen 2018 im Fokus: Was braucht Ludwigshafen am Dringendsten und wie kann dieser Bedarf gedeckt werden? Was kann die Kultur dazu beitragen, um genau diesen Bedarf zu bedienen und wie kann der befragte Akteur die Kultur dabei unterstützen?

Die Erkenntnisse aus rund 20 Einzelgesprächen wurden in der Veröffentlichung "Stadt.Kultur 2018: Stadt trifft Kultur" zusammengefasst. Bei einem Pressegespräch am 18. Januar 2019 stellten Bürgermeisterin Prof. Dr. Cornelia Reifenberg, der Leiter des Bereichs Kultur, Dietrich Skibelski, sowie der Leiter des federführenden Kulturbüros, Fabian Burstein, die zentralen Ergebnisse und Handlungsstränge des Kulturdialogs vor.

"Rund die Hälfte der Angesprochenen haben sich in der ersten Runde darauf eingelassen, offen mit Fabian Burstein unter vier Augen über Chancen und Risiken der kulturellen Entwicklung Ludwigshafens zu sprechen. 30 Stunden Gespräche sind protokolliert und die Erkenntnisse daraus zusammengefasst worden. Sie zeigen, dass sich Ludwigshafen aus Sicht der Kulturschaffenden selbstbewusst in Richtung einer kulturell inspirierten Stadt entwickeln soll, die ihre Tradition als Industriestadt einbezieht und die Kultur und die Kulturschaffenden gleichermaßen auch als Motor der Stadtentwicklung anerkennt und fördert", so ein erstes Fazit von Bürgermeisterin Prof. Dr. Cornelia Reifenberg. "Es gibt viele gute Ansätze, die wir nun in einem ersten ‚Arbeitsprogramm‘ zusammengefasst haben. Gleichzeitig wollen wir den vertrauensvollen und von gegenseitiger Wertschätzung geprägten Dialog fortsetzen", bekräftigte Reifenberg. Sie betonte, dass die vielfältigen kulturellen Angebote in der Stadt einen bedeutenden Beitrag zu Bildung und Integration leisteten. Die noch bessere Vernetzung aller Handelnden sei Voraussetzung dafür, dass dieser Beitrag noch mehr als bisher genutzt werden könne, um den Herausforderungen zu begegnen, die die Stadt Ludwigshafen in den kommenden Jahren zu meistern habe. "Alleine die zentralen Infrastrukturmaßnahmen werden das Gesicht der Stadt auf Jahre prägen und verändern. Hier kann die Kultur einen großen Beitrag leisten, um Identität zu bewahren und Veränderungen zu begleiten", so Reifenberg.

Vier zentrale Erkenntnisse lassen sich als Ergebnis der Gespräche zusammenfassen:

  • Geäußert wurde zum einen die Sehnsucht nach einem gestärkten Selbstbewusstsein Ludwigshafens, das sich dabei gleichermaßen als Tor zur Pfalz positionieren soll. Auch Ludwigshafens Rolle als Industriestadt solle als Alleinstellungsmerkmal offensiv gelebt werden.
  • Daneben wurde der dringliche Wunsch nach einem Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Ludwigshafener Kulturlandschaft formuliert. Plattformen und Formate sollen hierzu gleichzeitig die Kulturszene selbst besser vernetzen wie auch den Austausch und Diskurs stadtintern und überregional befeuern. Durch einen intensivierten Austausch zwischen den Künstlerinnen und Künstler, der Stadt und allen Bevölkerungsschichten der Bürgerschaft solle die gegenseitige Wertschätzung spürbar gewinnen.
  • Im Hinblick auf die Entwicklung der Infrastruktur der Ludwigshafener Innenstadt besteht innerhalb der Kulturszene eine hohe Bereitschaft, sich durch Bespielungen und Interventionen im öffentlichen Raum vielgestaltig einzubringen. Durch öffentlichkeitswirksame Inszenierungen von Leerständen erwartet die Kulturszene zusätzliche Synergien.
  • In hoher Übereinstimmung wurde die Bedeutung der Kultur als Motor für gesellschaftliche Themen in sämtlichen Bereichen der Stadtgesellschaft herausgestellt. Die Kulturschaffenden sind der festen Überzeugung, dass Aspekte wie etwa ein funktionierendes Radwege-System, eine stärkere Einbindung der Hochschule in die Stadtgesellschaft oder eine liebevolle Gestaltung des öffentlichen Raums substanzielle Bestandteile eines funktionierenden Kulturstandorts sind und zeigen daher eine hohe Bereitschaft, sich in entsprechende Planungsprozesse einzubringen. Das Kulturbüro solle in diesem Kontext als Kultur-Lobbyist, Mit-Diskutant und Türöffner auftreten.

"Aus diesen Aussagen haben wir direkt vier konkrete Ansätze abgeleitet, die wir nach Möglichkeit bereits in den kommenden beiden Jahren im Rahmen unserer kulturellen Stadtentwicklung realisieren wollen. Damit zeigen wir, dass wir die Gesprächsreihe ‚Stadt.Kultur 2018‘ und das Engagement der Beteiligten sehr ernst nehmen. Gleichzeitig führen wir den auf Transparenz und Teilhabe angelegten Prozess weiter und hoffen so, noch mehr Akteurinnen und Akteure einbinden zu können", so Dietrich Skibelski.

Aus den Hinweisen und Vorschlägen hat das Kulturbüro vier Maßnahmen entwickelt:

  • Im Rahmen der Publikationsreihe PROUD soll ein junges redaktionelles Team Ludwigshafener Künstlerinnen und Künstler portraitieren und somit ein fortlaufendes Archiv zeitgenössischer Kunst- und Kulturschaffender etablieren.
  • Unter dem Arbeitstitel Labor LU soll durch das Kulturbüro auf ein Jahr befristet ein Leerstand angemietet und gemeinsam mit der freien Szene als temporäre Spielfläche in der Innenstadt genutzt werden.
  • "Meeting of Minds" - In Kooperation mit einer experimentellen Werkstatt an der Hochschule Ludwigshafen sollen neuen Methoden für die eigene Wahrnehmung, den Alltag und die kulturelle Arbeit entwickelt werden. Ziel ist die Erschließung neuer Diskursräume in Ludwigshafen.
  • Unter dem Titel "LU meets" organisiert das Kulturbüro Ludwigshafen pro Jahr drei Ausflüge in andere Kommunen, um dort neue Kultur-, Lebens- und Stadtkonzepte kennenzulernen. Insbesondere der Austausch mit den Realisatoren dieser Konzepte steht dabei im Fokus. Der erste Termin am 9. März führt in den Alten Schlachthof nach Karlsruhe.

"In meinen Gesprächen konnte ich feststellen, dass bei allen Akteurinnen und Akteuren große Bereitschaft besteht, sich für die Stadtgesellschaft einzubringen. Neben den inhaltlichen Ergebnissen scheint hier insbesondere die Tatsache eine große Rolle zu spielen, dass wir einen nachvollziehbaren, transparenten und dauerhaften Dialog anbieten wollen, dessen Ergebnisse evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden können. Insofern möchte ich heute alle, die bisher vielleicht eher skeptisch waren, nochmals einladen, sich zu beteiligen", erklärte Fabian Burstein.

Zum Hintergrund:

Die Fachabteilung Kulturbüro konzipierte und realisierte die Aktivitäten im Rahmen dieses Formats unter dem Motto "Stadt trifft Kultur". Rund 40 Akteurinnen und Akteure der Stadtgesellschaft waren dabei eingeladen, sich in Einzelgesprächen zu wichtigen kulturellen Stadtentwicklungsfragen zu äußern. Unter den Eingeladenen befanden sich unter anderem Menschen, die sich seit vielen Jahren im Ludwigshafener Kultursommer, in der Theater- und der Musikszene sowie als bildende Künstlerinnen und Künstler engagieren, aber auch Journalistinnen und Journalisten sowie Sponsorinnen und Sponsoren. Die Kulturverwaltung geht damit ganz bewusst auf Kulturschaffende und kulturrelevante Akteurinnen und Akteure zu, da sie die kulturelle Stadtentwicklung in Ludwigshafen als identitätsstiftenden Prozess definiert, der maßgeblich von den Akteurinnen und Akteuren der hiesigen Kulturlandschaft geprägt wird.

"Wir garantieren, dass die Inhalte dokumentiert und reflektiert werden", versicherte Prof. Dr. Reifenberg zum Auftakt dieser Initiative. Das ausgesprochene Ziel seien tiefer gehende Debatten zu kulturellen Themen unter entscheidenden und wichtigen Protagonistinnen und Protagonisten der Stadtgesellschaft. Auf diese Weise möchte sich das Kulturdezernat mit seiner operativen Abteilung Kulturbüro noch stärker als Inkubator, Lobbyist und Antreiber für Kulturthemen positionieren.

Die Gespräche wurden protokolliert und ausgewertet. Die Resultate der durchgeführten Einzelgespräche wurden in einem Bericht zusammengefasst, der nun vorgelegt wird, um transparent die inhaltlichen Trends dieses intensiven Austauschs herauszuarbeiten.

Etwa 50 Prozent der 40 eingeladen Akteurinnen und Akteure nahmen die Möglichkeit zum Gespräch wahr.