Provenienzforschung am Wilhelm-Hack-Museum: Zwischenergebnis im Kulturausschuss

Nach den vorliegenden Erkenntnissen gibt es bei 15 von 264 untersuchten Kunstwerken aus dem Wilhelm-Hack-Museum Verdachtsmomente, die auf einen verfolgungsbedingten Entzug in der NS-Zeit hinweisen. Diesen Zwischenbericht, der auf einem mehrjährigen Forschungsprojekt zur Provenienz der Werke aus der Sammlung des Museums beruht, stellten Bürgermeisterin Prof. Dr. Cornelia Reifenberg und Museumsdirektor René Zechlin am 12. November 2020 dem Kulturausschuss der Stadt vor. Grundlage für das Forschungsprojekt waren die Prinzipien der Washingtoner Erklärung von 1998 und die Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz. Durchgeführt wurde das Projekt vom Historischen Forschungsinstitut Berlin Facts & Files und wurde maßgeblich gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste.

Das Forschungsprojekt konzentrierte sich auf Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen, die vor 1945 entstanden sind, und ging der Frage nach, ob sich Werke in der Sammlung befinden, die ihren Eigentümer*innen während des Nationalsozialismus verfolgungsbedingt entzogen wurden und daher zu restituieren wären. Die Forscherinnen untersuchten sowohl Werke aus der Sammlung von Wilhelm Hack als auch Ankäufe der Stadt Ludwigshafen.

Die Gesamtzahl der zu untersuchenden Werke betrug 264. Davon stammten 118 Werke aus der Sammlung von Wilhelm Hack – 58 Werke aus der Zeit des Mittelalters und 60 Werke der Moderne. Wilhelm Hack hatte in den 1930er Jahren begonnen, eine Sammlung mittelalterlicher Kunst aufzubauen, die er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs um den Bereich der Moderne erweiterte. Das Forschungsprojekt konnte unter anderem Hacks zahlreiche Kontakte zu Künstlern und Kunsthändler*innen in seiner Heimatstadt Köln, aber auch in Paris, offenlegen. Zudem zeigte sich, dass der Sammler, anders als bisher angenommen, auch in den 1950er und 1960er Jahren weiterhin Kunstwerke des Mittelalters erwarb.

Aus den Beständen der städtischen Sammlung wurden 146 Werke untersucht, darunter 93 Gemälde, 44 Grafiken und neun Skulpturen. Seit Mitte der 1950er Jahre hatte die Stadt Ludwigshafen begonnen eine Sammlung deutscher Expressionisten aufzubauen, die vornehmlich auf dem deutschen Kunstmarkt erworben wurden.

Von den 264 untersuchten Werken konnten 249 als eindeutig unbedenklich eingestuft werden oder es konnten keine konkreten Verdachtsmomente eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes festgestellt werden.

Die Provenienz von 15 Werken (siehe beigefügte Werkliste) ist jedoch bedenklich, da Hinweise auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug vorliegen. Die Arbeiten stammen in den meisten Fällen aus jüdischen Sammlungen und Galerien, deren Besitzer*innen verfolgt wurden. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug konnte jedoch nicht eindeutig dargestellt werden. Das Wilhelm-Hack-Museum wird die Herkunft dieser Werke weiterverfolgen und erhofft sich weitere Erkenntnisse durch die Veröffentlichung der Werke in die Lost Art-Datenbank, der offiziellen deutschen Datenbank zur Dokumentation von Raub- und Beutekunst.

Bereits im Jahr 2016 hatten sich die Wilhelm-Hack-Stiftung, die Stadt Ludwigshafen und die Erbin der Kunstsammlung Hess sich nach umfangreichen Provenienzforschungen hinsichtlich des Gemäldes von Ernst Ludwig Kirchner "Urteil des Paris" in einem mehrjährigen Verfahren auf eine faire und gerechte Lösung geeinigt, die den Verbleib des Werkes in Ludwigshafen gesichert hatte.

Werkliste:

Bei den Kunstwerken mit Verdacht auf verfolgungsbedingten Entzug handelt es sich um folgende Arbeiten:

Unbekannt, Stehende Muttergottes, Burgund, 1. Drittel 14. Jahrhundert, Kalkstein, 67 x 24 x 15 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Unbekannt (Umkreis des Konrad von Kuyn), Heiliger Antonius der Einsiedler, Köln, 1460, Sandstein, 39 x 14 x 13 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Unbekannt (Nachfolger des Meisters der Ursulalegende), Der Heilige Laurentius tauft den Kerkermeister, Anfang 16. Jahrhundert, Öltempera auf Leinwand, 123 x 91 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Unbekannt (Art des Sebastian Loscher), Maria Lactans, Bayern, 1520, Holzrelief, 65,5 x 44 x 3,5 cm, Stiftung Wilhelm Hack
Conrad Seekatz,

Knabe mit Hund, 1755, Öl auf Leinwand, 65,5 x 56 cm, Städtische Sammlung Conrad Seekatz,

Mädchen mit Katze, 1755, Öl auf Leinwand, 65,5 x 56 cm, Städtische Sammlung

Albert Weisgerber, Sitzender Weiblicher Akt, 1912, Öl auf Leinwand, 71 x 60 cm, Städtische Sammlung

Albert Weisgerber, Ruhender Mann im Wald, 1913, Öl auf Leinwand, 59,1 x 68,3 cm, Städtische Sammlung

Alexander Archipenko, Stehende Frau mit Muff, 1914, Zink, 47,3 x 10 x 10 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Max Pechstein, Verschneite Gärtnerei, 1917, Öl auf Leinwand, 79,8 x 90,4 cm, Städtische Sammlung

Georges Valmier, Nu Debout, 1922, Öl auf Leinwand, 97,5 x 52,5 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Ernst Barlach, Gruppe aus 3 Figuren (Der Tod), 1925, Bronze, 32 x 47 x 21 cm, Städtische Sammlung  

Albert Gleizes, Vièrge en Gloire, 1930/1931, Öl auf Leinwand, 160 x 70 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Auguste Herbin, Sitzende mit Mandoline, 1930/31, Öl auf Leinwand, 162,4 x 114,8 cm, Stiftung Wilhelm Hack

Max Ernst, Habakuk, 1934, Gips, 50 x 19 x 19 cm, Stiftung Wilhelm Hack