"Naturallianz und Mitproduktivität der Natur. Ernst Blochs Naturphilosophie – ein Beitrag zur Bewältigung der globalen Umwelt- und Klimakrise?"

Gemeinsame Pressemitteilung zur Tagung der Ernst-Bloch-Gesellschaft (EBG) in Kooperation mit dem Ernst-Bloch-Zentrum (EBZ) am 13./14. Mai 2022, Ernst-Bloch-Zentrum (EBZ) Ludwigshafen, Walzmühlstraße 63.

Unter dem Titel "Naturallianz und Mitproduktivität der Natur. Ernst Blochs Naturphilosophie – ein Beitrag zur Bewältigung der globalen Umwelt- und Klimakrise?" findet am Freitag, 13., und Samstag, 14. Mai 2022, die Tagung der Ernst-Bloch-Gesellschaft statt, die in Kooperation mit dem Ernst-Bloch-Zentrum veranstaltet wird. Tagungsort ist das Ernst-Bloch-Zentrum, Walzmühlstraße 63.

Der Angriffskrieg auf die Ukraine und die davon ausgehende Gefahr für den Weltfrieden ist zurzeit das beherrschende Thema der öffentlichen Diskussion und droht alle anderen Themen von der Agenda zu verdrängen. Dennoch: Die inzwischen durch den Klimawandel ausgelösten unübersehbaren, vielfältigen Umweltschäden können nicht länger ignoriert werden. Sie zwingen sowohl die Menschen als auch ihre staatlichen Einrichtungen zum sozial-ökologischen Handeln, um Mensch und Natur vor dem drohenden, menschengemachten Untergang zu bewahren. Diese globalen Probleme sind erst spät ins Bewusstsein getreten, aber reichen weit zurück in die Geschichte unserer Gesellschaftsordnung. Zu denen, die das frühzeitig erkannt haben, zählt einer der prominenten Söhne der Stadt Ludwigshafen, der Philosoph Ernst Bloch, der unter anderem auch Physik studiert hatte und an physikalischen Fragen sehr interessiert war. Bereits in den 30er- und 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat er die im Gang befindliche Umwelt- und Klimakrise als Folge eines bestimmten, durch die Entwicklung und Anwendung der modernen Naturwissenschaften entstanden Verhältnisses von Mensch und Natur gedeutet. Dieses Verhältnis führt nach Bloch dazu, dass der Mensch "gleich einer fremden Besatzungsarmee" in die Natur eindringt, sie unterwirft und die Rolle als rücksichtslosen "Ausbeuter" und eines "Tierbändigers" einnimmt. Um diese negative Entwicklung zu wenden, schafft Bloch weit ausholend in die Philosophiegeschichte – bis zurück in die Antike, der arabischen Philosophie und der Renaissance – eine Naturphilosophie, die die qualitativen Aspekte der Natur hervorhebt und weniger auf die quantitativen Seiten der ökonomischen Verwertbarkeit der Natur setzt. Dazu entsteht eines seiner Hauptwerke, das Materialismusproblem. Es geht um die Erklärung der Welt aus sich selbst. Für Bloch ist der Mensch Teil der Natur und die Natur kann künftig nicht mehr länger sein "fremdes Gegenüber" sein, also lediglich Objekt der Verwertung durch das kapitalistische Betriebssystem unserer Gesellschaften. Demzufolge müssen wir die Natur aus uns selbst verstehen lernen und nicht umgekehrt uns selbst aus der Natur. Naturphilosophie wird so ein Mitwissen der Natur. Denken wird so zum Mitvollzug der Natur. Die Natur hat ein lange verdrängtes Narrativ, hat uns etwas zu erzählen, zu offenbaren. Natur kann – nach Bloch – als unbewusste Intelligenz verstanden werden. Die Natur ist produktive, produzierende Kraft. In ihr sind Möglichkeiten der Weiterentwicklung, auch die konkreten Utopien, bereits angelegt und im Anschluss an Schelling spricht Bloch von einem hypothetischen Natursubjekt, weil sie als das Produzierende in der Natur dem menschlichen Geist, dem menschlichen Subjekt gleichsam vorangeht. Das räumt der Natur eine ganz andere Wertigkeit ein. Der Mensch ist Teil dieser Natur. Dazu entwickelt Bloch in einem seiner weiteren Hauptwerke, dem Prinzip Hoffnung, ein ganzes Szenario von technischen Utopien, die dem Ziel dienlich sein sollen, dass die Menschheit eine Natursolidarität entwickelt, das heißt, eine neue Synergie zwischen Mensch und Natur entstehen kann. Bloch nennt das die Herstellung einer Naturallianz um eine Mitproduktivität der Natur frei zu setzten. Dies wird nur möglich sein, mit einer neuen Ethik, politischer, gesellschaftsverändernder Intervention, sowie einer ästhetischen Praxis. Menschengerechtes Verhalten ist nur möglich, wenn es auch ein der Natur gerecht werdendes Verhalten ist. Um diese vielfältigen Implikationen der Blochschen Naturphilosophie und ihre Bedeutung für seine politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und technischen Utopien auszuleuchten, konnten für die Tagung Bloch-Forscher*innen als Vortragende aus ganz Europa gewonnen werden. Aber Bloch ging es nie nur um die Frage der Theorie, sondern immer auch um eine Theorie, die eine verändernde Praxis für eine bessere Gesellschaft ermöglichen soll. Aus diesem Grund tritt die Blochsche Philosophie am Ende des zweiten Tages in einen Dialog mit engagierten Vertreter*innen der jüngeren Generation ein. Geplant ist ein offenes Diskussionsforum mit Vertretern*innen von Fridays-for- Future, mit der Fragestellung, inwieweit die Blochsche Naturphilosophie für eine ethisch, politisch-normative und auch ästhetische Perspektive fruchtbar gemacht werden könnte.

An beiden Tagen der Veranstaltung werden zwischen den Vorträgen musikalische Interventionen von Anne Monika Sommer-Bloch (Violine), der Schwiegertochter von Ernst Bloch, zu hören sein.

Die Veranstaltung ist öffentlich zugänglich für alle Interessierten.

Es wird kein Tagungsbeitrag erhoben.

Für Tagungsgetränke wird ein Solidaritätsbeitrag in Höhe von 15 Euro erhoben.

Vorherige Anmeldung wird erbeten unter E-Mail anmeldung@bloch.de, oder Telefon 0621 504-2202. Einlass zu der Veranstaltung am 13. und 14. Mai ist jeweils um 9.30 Uhr und Ende jeweils um 18 Uhr. Am 13. Mai findet zudem als Rahmenprogramm um 19.30 Uhr eine Lesung mit der chilenischen Autorin Leonor Quinteros Ochoa statt. Sie liest aus ihrem Buch Exilkinder. Informationen zu Tagung und dem Programm gibt es auf der Webseite des Ernst-Bloch-Zentrums, www.bloch.de.

Die Veranstaltung wird finanziell gefördert von der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten e.V. (ALG). Die Stiftung Ernst-Bloch-Zentrum unterstützt die Veranstaltung ebenfalls.