Persönliche Erklärung von Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck zur Debatte um den Haushaltsplan 2023 der Stadt Ludwigshafen:

"Mit der von mir am vergangenen Montag zusätzlich vorgelegten Liste zur Haushaltskonsolidierung wollte ich aufrütteln und eine Diskussion in Gang setzen, um aufzuzeigen, dass es unmöglich ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, ohne einer Stadt jegliche Lebensqualität zu rauben. Ich wollte aufzeigen, wie verfahren und teilweise regelrecht absurd die gegenwärtigen Prozesse zur Haushaltsaufstellung und -genehmigung sind, weil wir in allererster Linie aufgrund äußerer Rahmenbedingungen immer wieder gezwungen sind, defizitäre Haushalte einzubringen. Wir sind in einem Teufelskreis gefangen und wir müssen da heraus, um wieder handlungs- und gestaltungsfähig zu sein. Dafür brauchen wir einen echten Befreiungsschlag. Ich habe dafür teilweise harte und drastische Worte gewählt, für die ich mich entschuldige.

Die Liste sollte Rat, Verwaltung und Öffentlichkeit aufrütteln, damit Bund und Land bei der Zuweisung von Aufgaben genauer hinschauen, was welche Stadt zur Erfüllung von Aufgaben braucht. Denn jede Stadt ist anders. Es ist eine Tatsache, dass vor allem massive strukturelle Ungleichheiten, eine ungleiche Lastenverteilung und die überbordende Übertragung von Aufgaben durch Bund und Land an die Kommunen ohne entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung die wesentlichen Ursachen für die entstandene Schieflage und die daraus resultierenden, immer wiederkehrenden Probleme und wachsenden Defizite sind. Daher setzt sich die Stadtspitze auf allen Ebenen für eine den Aufgaben angemessene und auskömmliche finanzielle Ausstattung Ludwigshafens als wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltig verbesserte Finanzlage ein. Ich selbst habe im Nachgang der Stadtratssitzung bei einem persönlichen Termin in Mainz noch einmal die Anliegen und die Forderungen Ludwigshafens unmissverständlich vorgetragen.

Die von mir vorgelegte Liste sollte aber auch ermutigen, althergebrachte Verwaltungsstrukturen neu zu denken. So gibt es Positionen auf der Liste, die deutlich machen, dass innerhalb der Verwaltung mit Optimierungsprozessen (Stichwort: Digitalisierung) erhebliche Kosten zu sparen und damit Einsparpotenziale zu heben sind ohne Kürzungen bei Dienstleistungen für Bürger*innen. Wir haben mit dem 'Arbeitsplatz der Zukunft' ein viel beachtetes und erfolgreiches Projekt zur Modernisierung der Verwaltung angestoßen. Es versetzt uns in die Lage, notwendige Veränderungen anzugehen. Aber wir müssen noch viel mutiger werden. Davon bin ich überzeugt.

Aber ich sehe auch und stelle mit aller Selbstkritik fest, dass ich meine Intention nicht deutlich zum Ausdruck gebracht habe und über das Ziel hinausgeschossen bin. Mit meiner Liste wollte ich drastisch aufzeigen, was es bedeuten würde, wenn wir so weiter machen wir bisher. Letztendlich habe ich aber durch mein Vorgehen zu Irritationen und Unmut beigetragen, die der Sache nicht dienen. Ich entschuldige mich dafür bei meinen Kolleg*innen im Stadtvorstand, den Stadträt*innen, den städtischen Mitarbeiter*innen und Bürger*innen für meine wohl missverständliche Darstellung und ziehe diese Liste zurück.

"Ich würde mir wünschen, dass wir nun trotz der Irritationen einen Modus fänden, der uns ein konstruktives Verfahren zur Haushaltsplanung ermöglicht. Es liegt an uns allen – an mir, am Kämmerer, den Stadtvorstandsmitgliedern und dem Stadtrat –einen tragfähigen, nachhaltigen Haushalt vorzulegen, der nicht nur von kurzfristigen Einsparungen geprägt ist. Vielleicht hat das, was manche als 'Chaos' bezeichnen, aber auch ein Stück weit eine reinigende Wirkung und versetzt uns in die Lage, noch einmal anders und von vorne zu denken."