Asylbewerber ziehen in Notunterkunft in Wattstraße ein Beate Steeg: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand – dennoch keine Belegung von Schulturnhallen"

Wie alle Kommunen in Deutschland ist auch die Stadt Ludwigshafen dazu verpflichtet, Asylsuchende und Geflüchtete aufzunehmen und unterzubringen. Da mittlerweile alle verfügbaren Unterkünfte (Sammelunterkünfte, Punkthäuser, Wohnungen und angemietete Wohnungen) belegt sind, ziehen in der aktuellen Woche die ersten Asylbewerber in die Notunterkunft in der Wattstraße ein. Es handelt sich bei diesen um alleinreisende Männer aus der Türkei, aus Syrien und Afghanistan. Weitere Notunterkünfte werden vorbereitet. Da die Stadt Ludwigshafen in den Jahren 2015/2016 dafür Vorsorge getroffen hat, schließt Sozialdezernentin Beate Steeg die Nutzung von Schulturnhallen und Gemeinschaftshäusern zur Unterbringung von Geflüchteten derzeit aus.

Bei der Notunterkunft in der Wattstraße handelt es sich um eine ehemalige Lagerhalle, die bereits im Jahr 2015 von der Stadt Ludwigshafen zur Unterbringung von Asylsuchenden gekauft und umgebaut wurde. Die Halle war bereits in den Jahren 2015 und 2016 als Notunterkunft in Betrieb. Sie wurde 2015 für maximal 170 Personen konzipiert. Die Stadt Ludwigshafen strebt derzeit an, die Unterkunft mit nicht mehr als 130 Personen zu belegen. Die Halle liegt gemeinsam mit weiteren Gebäuden zur Unterbringung von Asylsuchenden auf einem ehemaligen Gelände der Pfalzwerke. Die übrigen Gebäude sind zwei ehemalige zur Unterkunft umgebaute Verwaltungsgebäude, zwei in 2016 neu gebaute Punkthäuser und zwei Häuser in Modulbauweise. Insgesamt sind damit derzeit auf dem Gelände in der Wattstraße in den unterschiedlichen Unterkünften rund 200 Personen untergebracht.

Die Halle ist etwa 50 Meter lang und 25 Meter breit. Sie wurde 2015 innerhalb von zwei Monaten für etwa 2,1 Millionen Euro umgebaut. Sie besitzt eine Brandmeldeanlage, die im Falle einer Rauch- oder Brandentwicklung die Feuerwehr automatisch alarmiert. In dem Gebäude warnt ein akustisches Signal die Bewohner*innen bei Gefahr. Neben dem Schlafbereich, der 849 Quadratmeter umfasst, gibt es Aufenthaltsräume, Sanitäranlagen in einem Container vor der Halle sowie Möglichkeiten zum Kochen und Abwaschen. Ferner gibt es ein Hausmeisterbüro, ein Arztzimmer und zwei Sozialräume. Die Schlafbereiche sind mit Bauzäunen in einzelne "Kojen" unterteilt. Dort stehen ein- und zweistöckige Betten. Jedes Bett ist mit einer Bettdecke, einem Kopfkissen und einer Matratze ausgestattet. Zu jedem Schlafplatz gehört auch ein eigener Spind für persönliche Sachen. Die Notunterkunft wird in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz betrieben.

Der Stadtrat hatte im Dezember 2015 auch dem Bau von zwei weiteren Hallen als Notunterkünfte in der Wollstraße zugestimmt, die Hallen wurden im Jahr 2016 für rund 4,5 Millionen Euro errichtet. Jede Halle ist so konzipiert, dass sie auch für andere Zwecke genutzt werden kann. Da die Hallen für die Unterbringung Asylsuchender bisher nicht benötigt worden waren, dienten sie bisher dem WBL und der Abteilung Asyl als Lager. Beide Hallen werden derzeit von der Stadtverwaltung für die Unterbringung weiterer Asylsuchender hergerichtet. Die Stadtverwaltung rechnet damit, die erste der beiden Hallen in den nächsten Monaten in Betrieb nehmen zu müssen. Es wird zunächst damit geplant, maximal 200 Menschen pro Unterkunft einzuquartieren. Beim Bau ging man von einer Maximalbelegung von 240 Personen aus.

Zuweisungen steigen wieder an

Der Stadt Ludwigshafen wurden seit Beginn des Jahres 2023 bereits 135 Personen neu zugewiesen (einschließlich der neuen Bewohner der Notunterkunft in der Wattstraße). Die Zuweisung an die Kommunen richtet sich im jeweiligen Bundesland an einen bestimmten Verteilschlüssel. Je größer eine Stadt, umso mehr Geflüchtete muss sie aufnehmen. Ludwigshafen nimmt 4,5 Prozent der Geflüchteten aus Rheinland-Pfalz nach diesem Modell auf. Die Verteilung vom Bund auf die Bundesländer richtet sich nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Danach nimmt Rheinland-Pfalz fast fünf Prozent der Asylbewerber*innen aus Deutschland auf.

Im Jahr 2022 wurden der Stadt Ludwigshafen insgesamt rund 1.160 Personen zugewiesen, davon 836 aus der Ukraine. Nur wenige der aktuell 836 gemeldeten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mussten durch die Stadtverwaltung mit Wohnraum versorgt werden. Viele Ukrainer*innen sind privat bei Verwandten untergekommen. Für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gilt eine erleichterte Aufnahme, sie müssen keinen Asylantrag stellen. Aus rechtlichen Gründen werden sie nach ihrer Registrierung in einer Gemeinde dieser Gemeinde offiziell zugewiesen. Insgesamt sind in Ludwigshafen von der Abteilung Asyl in verschiedenen Unterkünften und Wohnungen aktuell rund 1.360 Personen untergebracht. Es handelt sich dabei um Asylbewerber*innen im Verfahren, um bereits anerkannte Asylbewerber*innen, Menschen aus der Ukraine sowie geduldete Personen.

Aktuell geht die Stadtverwaltung davon aus, dass der Stadt Ludwigshafen im ersten Halbjahr 2023 vom Land Rheinland-Pfalz 450 Menschen zugewiesen werden. Zusätzlich könnten aus weiteren Sonderprogrammen (beispielsweise die Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan) Geflüchtete der Stadt Ludwigshafen zugewiesen werden, die dann ebenfalls mit Wohnraum zu versorgen sind.

"Stehen mit dem Rücken zur Wand"

"Mir ist bewusst, dass eine Unterbringung in einer Notunterkunft keine schöne Lösung ist für die Menschen, die in Deutschland Hilfe und Unterstützung suchen. Es kann auch keine dauerhafte Lösung sein", sagt Sozialdezernentin Beate Steeg. "Allerdings steht die Stadtverwaltung mit dem Rücken zur Wand. Eine Alternative zur Unterbringung in Notunterkünften sehe ich derzeit nicht. Ich möchte festhalten: Aufgrund der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 habe wir vorausschauend Unterkünfte und Hallen gebaut, um für weitere Krisen gerüstet zu sein. Damals wie heute ist es das Ziel, keine Schulturnhallen und keine Gemeinschaftshäuser zu belegen. Gerade Vereine und Schulkinder, die während der Corona-Pandemie bereits unter erheblichen Einschränkungen zu leiden hatten, möchte ich nicht weiter belasten. Darüber hinaus fordere ich aber Bund und Land auf, die Kommunen endlich finanziell so auszustatten, dass sie nicht auf einem Teil der Kosten der Unterbringung von Asylsuchenden sitzen bleiben. Wir wollen Menschen helfen, aber wir müssen auch in die Lage versetzt werden, dies finanziell und personell stemmen zu können. Deshalb hätte ich mir vom Flüchtlingsgipfel mit der Bundesinnenministerin auch eine andere Botschaft erwartet, so ist uns Kommunen nicht geholfen", so Steeg weiter. Es gehe dabei nicht nur um die reinen Kosten der Unterbringung selbst, die bei Menschen im Asylverfahren durch eine Pro-Kopf-Pauschale vom Land erstattet werde, sondern auch um Kosten für Personal in Asylabteilungen und Ausländerbehörden bis hin zu Kitas, Kosten für Security und Reinigungsfirmen und letztendlich auch um neue Schulden, die Städte wie Ludwigshafen aufnehmen müssten, um neue Unterkünfte zu bauen oder zu kaufen. "Wir stehen zu unseren humanitären Verpflichtungen, aber wir müssen auch in die Lage versetzt werden, diese im Interesse aller – Bürgerschaft, Geflüchteter, Verwaltung – angemessen erfüllen zu können", betont Steeg. Die Versorgung mit einem Dach über dem Kopf sei nur der erste Schritt, der zweite die Integration in die Stadtgesellschaft. Der Schlüssel hierzu ist das Erlernen der deutschen Sprache. Mitarbeitende der Volkshochschule (VHS) werden daher ihre Sprachberatung (zur Einstufung und Vermittlung in den passenden Sprachkurs) vor Ort anbieten. Weitere Integrationsangebote sind in Planung.