Der Raum des heutigen Ludwigshafen wurde vom Rhein geformt. Seine zahllosen Mäander schufen eine breite Aue, die fruchtbar, aber häufig überschwemmt, sumpfig und bis weit in die Neuzeit hin für Besiedlung ungeeignet war.

Einige inselartige Erhebungen in der Aue und das "Hochufer" an ihrem Rand waren aber schon in frühgeschichtlicher Zeit die Heimstatt kleinerer Gruppen von Menschen. Nach Jahrtausende langer, offenbar kontinuierlicher Entwicklung wurde die Vorderpfalz wahrscheinlich im Zusammenhang mit den Kriegen um die römische Eroberung Galliens (ab 50 v.C.) entvölkert und verwüstet - ein Schicksal, das das strategisch wichtige Gebiet gegenüber der Neckarmündung im Laufe der Geschichte noch mehrmals erleiden sollte. Bei Rheingönheim gründeten die Römer ein Kastell zur Grenzsicherung, die Römerstraße von Mainz nach Straßburg durchzog den heutigen Stadtkreis.

Die Wirren der Völkerwanderung führten erneut zu Verwüstungen und Bevölkerungsaustausch. Die Ersterwähnungen der heutigen Stadtteile, die wohl fränkische Siedlungsgründungen des 6. Jahrhunderts sind, finden sich in verschiedenen klösterlichen Grundbesitzverzeichnissen, die meisten im berühmten "Lorscher Kodex", in Urkunden der Jahre zwischen 760 und 830: "Otdincheim" (Edigheim), "Frisenheim" (Friesenheim), Hemingesheim" (Hemshof), "Agridesheim" (Oggersheim), "Ophowa" (Oppau), "Mudahen" (Maudach), "Mundinheim" (Mundenheim), "Geginheim" (Rheingönheim), "Ruochheim" (Ruchheim).

Oggersheim, lange Besitz der Grafen von Leiningen, wurde 1317 erstmals als "Stadt" erwähnt und erhielt nach seinem Übergang an die Kurpfalz diverse Privilegien von den Kurfürsten. Seine Entwicklung ebenso wie das Schicksal der ganzen heutigen Stadtregion wurde durch die Anlage der Festungen Frankenthal und Mannheim entscheidend  beeinflusst.  Die  militärischen Anlagen zogen während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) Truppen in das Land, die umliegenden Ortschaften wurden alle nahezu völlig entvölkert und verwüstet. Mitten im Krieg starb das Geschlecht der Hirschhorner aus, Mundenheim und Maudach fielen an den Bischof von Speyer, der das Luthertum in diesen Dörfern wieder durch den Katholizismus ersetzte. Einer kurzen Erholungsphase folgte eine weitere Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 bis 1697).

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gelangte auch der "Ludwigshafener Süden" in den Besitz der Kurfürsten von der Pfalz und bildete mit dem übrigen späteren Stadtkreis die "Oberschultheißerei Oggersheim". Lediglich Ruchheim war eine reichsunmittelbare kleine Adelsherrschaft und nicht Teil der Kurpfalz. Die Verlegung des kurpfälzischen Hofes nach Mannheim 1720 machte das spätere Stadtgebiet zum Umland einer besonders unter Kurfürst Carl Theodor (1742-77/99) glänzenden Residenz. In Oggersheim entstand ein großes Schloss der Kurfürstin, dem eine Wallfahrtskirche beigefügt war, wie überhaupt das jetzt katholische kurfürstliche Haus die Ansiedlung von Katholiken förderte. Auch viele Mitglieder des Hofadels errichteten sich Landsitze und Mustergüter im Bereich der "Oberschultheißerei". Freilich führte das steile Bevölkerungswachstum während des 18. Jahrhunderts zum Anwachsen der besitzlosen Schichten, denen die Landwirtschaft und die "versteinerten" grundherrschaftlichen Besitzverhältnisse keine Perspektive mehr boten. Ihre Unzufriedenheit entlud sich in den Jahren vor den Französischen Revolution in Unruhen.

Stadtgründung - Zusammenspiel von Politik, Technik, Handel und Industrie

Die folgenden Jahrzehnte schufen die Voraussetzungen für das Entstehen der Stadt Ludwigshafen, die in der Tat ganz und gar Frucht der Moderne in politischer, technischer und industrieller Hinsicht ist.

Durch das Zerbrechen der Kurpfalz während der Revolutionskriege wurde das linke vom rechten Rheinufer getrennt, der Rhein wurde zur Westgrenze erst Frankreichs, nach 1816 der Bayerischen Pfalz. Heute scheidet er Rheinland-Pfalz von Baden-Württemberg. Ohne diese politische Grundtatsache wäre Mannheim nie von seinem linksrheinischen Vorwerk, der "Rheinschanze", aus der einmal Ludwigshafen hervorging, abgeschnitten worden, der bayerische Staat hätte keinen Ehrgeiz entwickelt, ein "Trutz-Mannheim" zu gründen, es wäre höchstwahrscheinlich keine selbständige Kommune entstanden.

Sie wäre allerdings auch unmöglich geblieben ohne die technische Meisterleistung der seit 1817 begonnenen Rheinkorrektion durch Johann Gottfried Tulla. Durch die Beschleunigung der Fließgeschwindigkeit des Rheins sank der Grundwasserspiegel erheblich ab, und nur so war es überhaupt möglich, in der bisher sumpfigen, fieberverseuchten und von vielen früheren Mäandern des Rheins durchzogenen Tiefebene eine Stadt zu bauen. Die alten, zumeist schon auf die fränkische Landnahme zurückgehenden Dörfer und Städte im Raum des heutigen Ludwigshafen waren alle auf dem Hochufer des Rheins beziehungsweise auf einigermaßen sicheren Erhebungen im Sumpfgebiet entstanden. Freilich waren zusätzliche Anstrengungen nötig, um die neue Ansiedlung direkt am Rhein zu platzieren. Die ganze Innenstadt Ludwigshafens steht auf einer Art Plateau von aufgeschütteten Straßen, wobei die Innenhöfe oft noch auf dem alten Rheinniederungsniveau liegen, weshalb zahllose Häuser der Stadt "nach hinten" ein Stockwerk mehr haben. Eine der Hauptstraßen der Stadt, die Ludwigstraße, ist ein ehemaliger Rheindamm. So bewundernswert diese gesamte Entwicklung für das 19. Jahrhundert auch war, so hat sie  für das 20. eine Reihe von Problemen mit sich gebracht. Das Absinken des Grundwasserspiegels hat zur Austrocknung erhaltenswerter Feuchtgebiete geführt, und mit dem fühlbaren Wandel des Klimas in den letzten Jahrzehnten ist der in der tiefsten Rheinniederung gelegene Industrieraum Mannheim-Ludwigshafen zu einem der hochwassergefährdetsten Bereiche ganz Süddeutschlands geworden.

Haben Politik und Technik die Voraussetzungen für die Entstehung einer neuen Stadt geschaffen, so waren Handel und Industrie die Ursache für ihre Gründung. Ludwigshafen ist eben nicht eine alte Stadt, die groß wurde durch die Industrie, sondern es gab überhaupt keine Stadt und ohne Handel und Industrie wäre sie auch  nicht entstanden. Im Jahre 1820 war die "Rheinschanze", die während der französischen Herrschaft in den Besitz verschiedener Privater gekommen war, an das Speyerer Handelshaus Scharpff (später Scharpff-Lichtenberger) übergegangen, das nun für 23 Jahre ein Exklusivrecht darauf hatte, am Ufer Güter zu verladen, vorzugsweise die Landesprodukte der Pfalz, Tabak und Wein. Die Anlegestelle war für das Handelshaus insofern von Interesse, als die anschließende Rheinschleife gegen Speyer hin ein so starkes Gefälle aufweist, daß sie für massive Rheinschiffe nur schwer befahrbar war. Bis zum Ersten Weltkrieg blieb deshalb die große Rheinschiffahrt auf die Strecke von der Mündung bis hinauf nach Mannheim-Ludwigshafen beschränkt. Dies war ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil für die Rheinschanze. Mehr und mehr wurde der Güterumschlagplatz ausgebaut und auch der bayerische Staat gewann ein gewisses Interesse. Ein Zollamt wurde errichtet, 1833 das Ganze zum Freihafen erklärt. Zu dieser Zeit hatte sich schon eine weitere günstige Veränderung ergeben. 1824 war bei einem der immer wieder vorkommenden Rheinhochwässer der Damm bei der Rheinschanze gebrochen - nach der Sage mit tätiger Beihilfe der Mannheimer, die auf diese Weise Schaden von ihrer Rheinseite abwenden wollten - und ein Kolk entstanden, der zum einzigen wintersicheren Hafen entlang der Rheingrenze der Bayerischen Pfalz ausgebaut werden konnte. In der Folge gelang es, einen großen Teil des Speditionsgeschäftes, das bisher - über die Staatsgrenze hinweg - im badischen Mannheim abgewickelt worden war, nach der Rheinschanze zu ziehen. Ein weiterer Standortvorteil ergab sich, als man in der 1840er Jahren eine Eisenbahnlinie durch die Pfalz plante. Deren Endpunkt wurde nicht der Regierungssitz, Speyer, sondern das neue kommerzielle Zentrum, die Rheinschanze, die mit dem neuen Transportmittel Verbindung zu den saarländischen Kohlengruben und weiter nach Paris bis zum Atlantik gewann.

Aufstieg im amerikanischen Tempo

Im Jahre 1843 ermöglichten Erbauseinandersetzungen im Hause Lichtenberger dem bayerischen Staat, die Initiative zu ergreifen. Schon geraume Zeit war es ihm ein Dorn im Auge gewesen, dass eine einzige Firma die Rheinschanze innehatte. Er erwarb den ganzen Platz und verkaufte ihn sofort wieder in kleineren Parzellen an verschiedene große Handelsgesellschaften weiter - mit Ausnahme des Hafens, der staatlich blieb. Im selben Jahr erlaubte König Ludwig I. der Ansiedlung, sich ihm zu Ehren "Ludwigshafen" nennen zu dürfen. Eine neue Gemeinde, ja eine Stadt sollte entstehen, und der König setzte alles daran, dass sie seinen ästhetischen Ansprüchen genügen sollte, weshalb er sich vorbehielt, jeden einzelnen Bauplan persönlich zu prüfen. Dies geschah auch einige Jahre, dann ließ Ludwig Musterpläne im zumeist spätklassizistischen Stil entwerfen, aus denen sich Bauwillige das ihnen Gemäße aussuchen konnten. Die spätere bauliche Entwicklung der Stadt war freilich nicht mehr von solchen Rücksichtnahmen bestimmt - mit betrüblichen Konsequenzen.

Im Revolutionsjahr 1849 wurde das preußisch besetzte Ludwigshafen vom republikanischen Mannheim aus in Brand geschossen, sicherlich nicht nur aus "ideologischen" Gründen, sondern auch, um den kommerziellen Rivalen vernichtend zu treffen. Doch falls solche Absichten bestanden hatten, so schlugen sie gründlich fehl, denn der bayerische Staat zahlte außerordentlich hohe Entschädigungssummen für die Zerstörungen, so dass der Ort binnen zweier Jahre wieder aufgebaut werden konnte - und sogar größer als vorher. Dennoch muss man sich diese Ansiedlung noch außerordentlich primitiv vorstellen, von Fremden wurde sie als "prächtige Einöde"  bezeichnet, "so jung, dass sie noch keinen Friedhof hat" und mit "anderthalb Dutzend palastartigen Gebäuden, denen nichts zu fehlen scheint als die Einwohnerschaft", als "Stadt, die ein Pflastergeld erhebt, obwohl sie noch gar kein Straßenpflaster hat, und deren Marktplatz vor wenigen Jahren noch so von Wasserlöchern durchfurcht gewesen, dass man sprichwörtlich sagte, ein Pferd könne auf dem Markt ersaufen".  Erst im Dezember 1852, neun Jahre nach der Namengebung, wurde Ludwigshafen eine selbständige Kommune. Schon von Anfang an nannte sich der Rat der kleinen neuen Gemeinde "Stadtrat",  was ganz dem Charakter der Siedlung entsprach, die keinerlei dörfliche Züge aufwies, vielmehr inmitten einer ländlichen Umgebung auf der sprichwörtlichen grünen Wiese mit "palastartigen Gebäuden" emporwuchs. Das schnelle Wachstum Ludwigshafens machte es dann möglich, 1859 erfolgreich um die Verleihung der Stadtrechte beim König einzukommen. Schon drei Jahre vorher wurde die junge Ansiedlung, der doch noch so vieles fehlte, erstmals von einer Gas-Straßenbeleuchtung erhellt - deutliches Zeichen ihrer Modernität! Wegen der günstigen Verkehrslage hatte sich noch vor der Gemeindegründung die erste Zeitung in Ludwigshafen etabliert, und in den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Stadt zum Pressezentrum der Pfalz. Während der Weimarer Zeit erschienen nicht weniger als vier große Tageszeitungen, und es gab neben liberalen auch katholische, sozialdemokratische und kommunistische Blätter.

Hatte Ludwigshafen als Handelsplatz begonnen, und blieb auch der vornehmliche Charakter der Stadt in den ersten 20 Jahren ihrer Existenz der eines Handelsplatzes, so siedelte sich doch schon vor der Gemeindegründung, 1851, mit der Chemiefabrik Giulini das erste industrielle Unternehmen an. 1865 begann die BASF mit der Produktion in Ludwigshafen. Sie entwickelte sich schon bald zum größten industriellen Betrieb der Stadt und in der Folge zu einem weltweit operierenden Großunternehmen, das mit den Anilinfarben, der Indigo- und der Stickstoffsynthese ungeheure Erfolge erzielte. Schon 1892 gab es 16 chemische und 14 metallverarbeitende Betriebe in Ludwigshafen, wobei die ersteren in der Regel deutlich größer und leistungsfähiger waren. Ludwigshafen war zur "Stadt der Chemie" geworden.

Neben den günstigen Standortfaktoren war dies vor allem das Resultat des Bemühens der Stadtväter wie der bayerischen Regierung, die neue Stadtgründung zu einem Erfolg zu machen, indem man Gewerbe - und damit Menschen und Steuereinnahmen - an den Ort zog. Und am relativ leichtesten ließen sich natürlich solche Gewerbezweige zur Niederlassung bewegen, die man andernorts aus verschiedensten Gründen nicht haben wollte - eben zum Beispiel Chemiebetriebe. Arbeiter für die neuen Unternehmen ließen sich im Umland relativ leicht gewinnen. Die Pfalz war ein Gebiet der Realteilung, sie war dicht bevölkert, und sie war ländlich geprägt, es gab kaum andere Industriestandorte. Zudem waren die Jahre zwischen 1840 und 1850 von Missernten geprägt, so dass der Druck, alternative Beschäftigungen zu finden, umso schwerer auf Bauern und Tagelöhnern lastete. All dies half, Ludwigshafen zu einem Erfolg zu machen.

Der zeigte sich deutlich in Zahlen: Zwischen 1870 und 1900 verdoppelte sich in jedem Jahrzehnt die Einwohnerzahl der Stadt, 1914 lag sie bei 94.000, sechs Jahre später, verzögert durch den Ersten Weltkrieg, erreichte sie die Grenze von 100.000 - eine Entwicklung, die von den Zeitgenossen nicht ganz zu Unrecht als "amerikanisch" empfunden wurde. In der Tat war sie einzig für Süddeutschland, und neben Wilhelmshaven die einzige erfolgreiche Stadtgründung jener Dezennien im Deutschen Reich. Schon 1892/1899  wurden die beiden Muttergemeinden der Stadt, die Dörfer Friesenheim und Mundenheim, eingemeindet, 1938 entstand durch die Einbeziehung weiterer Randgemeinden "Groß-Ludwigshafen" mit 144.000 Einwohnern. 1850 gab es sechs "Fabriken", 1914 117 mit 21.000 Arbeitern (davon rund 8.000 bei der BASF). Entsprechend entwickelten sich auch die städtischen Einkünfte: 1852 betrugen die ordentlichen Einnahmen Ludwigshafens 1.474 Mark, 1900 waren es 1,4 Millionen, 1913 4,1 Millionen und 1950 22,7 Millionen. Heute ist Ludwigshafen eine der Städte Deutschlands mit der höchsten Wertschöpfung, also mit der höchsten Wirtschaftskraft. Die Einkommenssteuererträge und die Kaufkraft pro Einwohner sind jedoch nur durchschnittlich. Diese Diskrepanz offenbart schon etwas von den grundsätzlichen Defekten, die der Entwicklung der Stadt trotz allen Erfolgs innenwohnten und innewohnen.

Umwelt und Wohnen

Zwar wahrten die ersten Betriebe, die sich in Ludwigshafen ansiedelten, aus gesundheitlichen Gründen eine gewisse Distanz zur Wohnbebauung. Doch da man anfangs durchaus nicht mit der schnellen Expansion rechnete, die die Stadt dann erfuhr, erwiesen sich diese "Abstände" nur zu bald als völlig unzureichend. Binnen weniger Jahrzehnte waren alle großen Betriebe gesäumt beziehungsweise eingerahmt von neuen Stadtteilen. Eine furchtbare Gemengelage von Industrie und Wohnraum entstand, und durch den großzügigen Ausbau der Hafenanlagen wurde die Stadt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts praktisch vom Rhein abgeschnitten. Dementsprechend gravierend waren von Anfang an die Umweltprobleme. Als man zum Beispiel um 1860 in der Innenstadt ein Krankenhaus errichten wollte, verweigerte die zuständige Staatsbehörde die Zustimmung, da der gewählte Standort zu sehr von den Ausdünstungen der benachbarten Chemiefirmen beeinträchtigt werde - was ein deutliches Urteil über die "Ludwigshafener Luft" jener Jahre ist. Auch die BASF war sich durchaus im Klaren, dass die Arbeiterwohnungen, die sie nach 1870 nahe der Fabrik erbauen ließ, nicht die besten Umweltbedingungen aufwiesen, und begann deshalb nach der Jahrhundertwende mit der Anlage neuer Wohnquartiere im ländlichen Limburgerhof an der Bahnlinie südlich der Stadt. "Die ganze Stadt war Lärm und Rauch, Schmutz und Gestank", schrieb ein Zeitgenosse. Noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts fielen den Frauen, wenn die Schwefelsäurefabrik der BASF "Dampf abließ", in den der Fabrik benachbarten Stadtteilen die Nylonstrümpfe von den Beinen. Das damalige "Umweltbewusstsein" zeigt sich darin, dass das Werk zur Behebung der Schäden eine Art "Nylonstrumpf-Umtauschstelle" einrichtete. Die Landschaft um Ludwigshafen kann man sich für einen langen Zeitraum nicht hässlich genug vorstellen. Der in der Stadt gebürtige und aufgewachsene Philosoph Ernst Bloch beschrieb sie so: "Und rings um Ludwigshafen die dunstige Ebene mit Sumpflöchern und Wassertümpeln, eine Art Prairie, die keine Gütchen und Idyllen kannte, zu denen Fabrikmauern und Feuerschlote bedeutend passen. Die Telefonstange singt dazu." So ungerecht dieses Urteil in Bezug auf die damals zum Teil noch recht ländlichen Dörfer und Städtchen im Umkreis Ludwigshafens war, so traf es doch wohl ganz die Realität des "Dunstkreises" der Kernstadt.

Schon vom Ende des 19. Jahrhunderts versuchte man Abhilfe zu schaffen, indem man die Stadt mit Bäumen und kleinen Anlagen durchgrünte und nach 1900 mit dem Stadt- und (1925) dem Ebertpark attraktive Grünzonen schuf. Schon 1892 verlagerte die Firma Giulini ihre Produktionslagen heraus aus dem Stadtkern an den südlichen Rand Mundenheims, und die in dem 60er Jahren durchgeführte Aufgabe des alten Kopfbahnhofs, dessen Gleise die nördliche von der südlichen Innenstadt getrennt hatten, löste einen Schub weiterer Betriebsverlagerungen aus. Auf den ehemaligen Fabrikarealen entstanden neue Parkanlagen und Wohnquartiere. In den späten 1960er und 1970er Jahren begannen Stadt, BASF und die anderen Industriebetriebe in großem Stil mit der Verbesserung der Umweltqualität, eine gemeinsam von Stadt und BASF betriebene Kläranlage wurde errichtet, die Luftverschmutzung entscheidend eingedämmt, die noch bestehenden Feuchtgebiete wie etwa das Maudacher Bruch am Stadtrand unter Schutz gestellt, der Lärmschutz vorangetrieben. Heute ist die oft strapazierte Beschreibung Ludwigshafens als "Industriestadt im Grünen" durchaus zutreffend und kennzeichnet eine durch gemeinschaftliche Bemühungen entscheidend verbesserte Umweltsituation.

Neben Fragen der Umweltqualität war die Wohnraumsituation ein entscheidendes Problem der Stadtentwicklung. Der Zustrom von Menschen für die neuen Industrien war gewaltig, und die meisten Arbeiter wollten nahe ihrer Arbeitsstätte untergebracht sein, die man in jenen Jahren des raschesten Wachstums der Stadt noch vorzugsweise zu Fuß erreichte. Die in Ludwigshafen erscheinende Zeitung "Pfälzischer Kurier" beschrieb 1875 die Situation im nördlichen, klassischen Arbeiterstadtteil Hemshof wie folgt: "Der glänzende Goldton einer Ballrobe wie das schlichte Blau des Zwillichkittels, die leuchtenden Farbenzauber der Sommertoiletten und alle die sinnenberückende Farbenpracht, welche das Raffinement der Mode fordert und erfindet, sie strahlen wie durch ein Wunder aus dem Kohlenqualm der Hemshofer Fabriken hervor. Dies ist eine Fabrikstadt par eminence, ein Stück Amerika, die Farbenstadt, das Chromopolis Deutschlands. Wo noch vor wenigen Jahrzehnten drei Einödhöfe lagen, breitet sich heute eine ganze Stadt mit etwa 12.000 Einwohnern aus. Alljährlich entstehen hier an die 200 Neubauten." Die Qualität dieser Neubauten ließ sehr zu wünschen übrig. Bis zur Einführung des bayerischen Baurechts in der Pfalz 1901 galten die - positiv ausgedrückt - sehr liberalen Regelungen des Code Napoléon, die den Behörden nur sehr geringe Handhaben boten, bauliche Exzesse zu verhindern und von denen diese zudem nur sehr zögernd Gebrauch machten. Denn zwischen 1868 und 1892 wirkten Baununternehmer als Bürgermeister, deren Interesse an der Beschränkung ihrer beruflichen Aktivitäten naturgemäß wenig entwickelt war.

Zwar existierte in der Innenstadt das von Ludwig I. gewünschte Schachbrett-Muster der Straßen nach Münchener Vorbild, und für die umgebenden Gebiete gab es anfangs ein striktes Bauverbot. Doch angesichts des rasanten Wachstums der Stadt war das Ende dieser Beschränkungen abzusehen, und so kaufte etwa ein Mannheimer Spekulantenkonsortium Grundstücke im "Dunstkreis" der BASF. Als dann 1873 das Bauverbot dort aufgehoben wurde, setzte sofort ein Bauboom ein; Mietskasernen und Straßenschluchten entstanden. Der "Wohnkomfort" war entsprechend, vier Familien in je zwei Zimmern auf einer Etage mit einer Toilette auf dem Treppenabsatz keine Seltenheit. 1937 war Ludwigshafen die dichtbesiedeltste Stadt Deutschlands mit 50 Einwohnern je Hektar (Berlin 48). Der nördliche Stadtteil Hemshof mit seiner besonders schlechten Bausubstanz wurde, da im Zweiten Weltkrieg weitgehend unzerstört, seit den 1960er Jahren zu einem der größten Sanierungsgebiete der Bundesrepublik. Auch in den Randgemeinden der Stadt wandelte sich das Ortsbild. Neben die Bauernhöfe und die Reste adliger Lebenskultur des 18. Jahrhunderts in Gestalt von Landhäusern oder der Wallfahrtskirche in Oggersheim traten kleine Arbeiterhäuschen. Am Ende des 19. Jahrhunderts war in allen Gemeinden die Mehrheit der Bevölkerung in der Industrie, nicht mehr in der Landwirtschaft tätig. Arbeiter mit kleiner Landwirtschaft, Pendler nach Ludwigshafen bestimmten das Bild, wobei im nördlich an die Stadt angrenzenden Oppau 1910 ein Stickstoffwerk der BASF entstand, das dem Dorf die Erhebung zu Stadt, Reichtum - und die fast völlige Zerstörung durch die Explosionskatastrophe des Jahres 1921 brachte. Der Wiederaufbau schuf dann allerdings moderne und formschöne Wohnungen, die es so vorher im Ort kaum gegeben hatte.

In der eigentlichen Stadt half der seit 1872 einsetzende Werkswohnungsbau der BASF, die Wohnungsmisere zu lindern. Erstmals wurden hier bei Ausstattung und Wohnumfeld auch soziale Aspekte berücksichtigt. Die Stadt hielt sich unterdessen auf diesem Feld ganz zurück, wobei allerdings nicht vergessen werden sollte, dass sie damit ganz zeittypisch agierte und mit der Bereitstellung von Wasser, Gas, Schulen, Straßen, Trambahnen und was sonst die rasch wachsende Bevölkerung an öffentlicher Infrastruktur benötigte, riesige Lasten trug. Erst 1913, als eine Baugenossenschaft begann, in einem kleinen Bereich des heutigen Stadtteils Gartenstadt Häuser zu errichten, schritt die Kommune zu einer Fördermaßnahme, indem sie der Genossenschaft Grundstücke zu günstigen Bedingungen in Erbpacht überließ.

Der Zusammenbruch des Wohnungsbaus während des Ersten Weltkriegs, die Wohnungsnot an seinem Ende und die durch die Mietpreisbindung starke Beeinträchtigung der privaten Bautätigkeit führten zusammen mit dem nach 1918 gewachsenen Bewusstsein einer sozialer Verpflichtung der Gemeinschaft zu einem stärkeren Engagement der Stadt, die nun ebenso wie die BASF im gemeinnützigen Wohnungsbau tätig wurde. Die so entstandenen großzügigen neuen Wohnanlagen der 1920er Jahre verfügten über große grüne Innenhöfe und einen recht hohen Wohnkomfort. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, der Ludwigshafens innere Stadtteile bis zu 80 Prozent zerstört zurückließ (der Gesamtzerstörungsgrad war allerdings deutlich niedriger), kümmerten sich die Wohnungsbaugesellschaften von Stadt und BASF stark um den Wiederaufbau. Ende der 1960er Jahre kooperierten die beiden Unternehmen bei der Errichtung des neuen Stadtteils Pfingstweide, der mit seinen 25.000 Wohneinheiten allerdings ein eher abschreckendes Beispiel der städtebaulichen Ideen jenes Jahrzehnts darstellt. Etwa ein Drittel des Mietwohnungsbestandes der Stadt gehört heute den beiden Wohnungsbaugesellschaften.

Soziale Hierarchie und Pendler

Das junge Ludwigshafen zog neben Kaufleuten, Ingenieuren, Chemikern und Handwerkern auch viele arme Menschen an, die als Ungelernte in den Fabriken Arbeit fanden. Die so entstehenden sozialen Gegensätze schlugen sich als Dreiteilung im Stadtbild nieder. Der nach der Jahrhundertwende großzügig ausgebaute Süden Ludwigshafens war eine Gegend für die "besseren Kreise", im Stadtkern lebten Kaufleute, Einzelhändler und gelernte Arbeiter, während im Hemshof, dem Norden der Stadt, ungelernte Arbeiter und ihre Familien 50 Prozent der Bevölkerung stellten. Die BASF-Werkswohnungs-"Kolonie", wie man sie nannte, hatte wiederum ihre eigene Hierarchie: einer umfangreichen Oberschicht (das wissenschaftliche Personal) stand so gut wie keine Mittelschicht, wohl aber eine große Zahl von gelernten und ungelernten Arbeitern gegenüber. Hier nun, wo die Klassen aufeinanderprallten, wurden die Wohnbereiche der gehobenen Schicht von der der "anderen" durch eine mannshohe Mauer mit nur wenigen Öffnungen getrennt. Die ganz Reichen freilich lebten mit wenigen Ausnahmen gar nicht in der Stadt. So residierte einer der Gründer der BASF, Friedrich Engelhorn, in einer großen Villa in Mannheim und ließ sich jeden Tag "mit der Kutsch' über die Brück' fahren". Diese Distanz zwischen denen, die in Ludwigshafen ihr Vermögen verdienen und denen, die dort in weniger gehobenen Positionen arbeiten und wohnen, hat sich in der Gegenwart noch verschärft. Seit den 1960er Jahren wohnt "man", vorausgesetzt man gehört zum gehobenen Personal, überhaupt nicht mehr in Ludwigshafen oder Mannheim, sondern in den Randgemeinden der Rheinebene, an der Berg- oder Weinstraße, jedenfalls in ländlicher Umgebung. Das ist auch die wohl entscheidende Erklärung für das Auseinanderklaffen von Wirtschafts- und Einkommenssteuerkraft in Ludwigshafen. Die vielen Einpendler nutzen die städtische Infrastruktur, die Schulen, medizinischen und kulturellen Einrichtungen - ohne zu ihrem Unterhalt beizutragen. Andererseits ist gemessen an der Größe der Stadt die mittelständisch-bürgerliche, am Wohl ihres Gemeinwesens interessierte Schicht zu klein.

Diese Entwicklung konnte natürlich nur durch die Massenmotorisierung der Jahre nach 1955/60 in diesem Maße zum Tragen kommen. Die Bereitstellung von Raum für den rollenden wie den ruhenden Verkehr wurde zu dem Problem der Stadtentwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg. Man muss sich nur vor Augen führen, dass es 1922 in Ludwigshafen, das damals schon über 100.000 Einwohner hatte, gerade einmal 105 Autos gab. 1938 war deren Zahl auf 3.100, 1959 auf 12.800 und 1970 auf 42.000 gestiegen. Bis zur Mitte der 1990er Jahre hat sich diese Zahl noch einmal verdoppelt. Um dieser nicht zu bremsenden städtischen und "einrollenden" Lawine Herr zu werden, begann man schon in den 1950er Jahren mit der Anlage von Hochstraßen, die den Durchgangsverkehr aus den Straßen der Stadt verlagerten. Der Preis ist allerdings eine wenig schöne "Einschnürung" der gesamten Innenstadt durch diese Bauwerke.

Von Dr. Stefan Mörz, Leiter des Stadtarchivs