Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg begann die Badische Anilin- und Sodafabrik sich über das Arbeitsverhältnis hinaus für ihre Angestellten zu engagieren. In diese Zeit fiel der Bau des Gesellschaftshauses im Jahr 1900 als ein Ort zur Förderung des sozialen Lebens außerhalb der Labore und Büros. Bis heute ist die originale Ausstattung des Gebäudes im Stil der Neorenaissance weitgehend erhalten.

"Errichtet ihren Beamten und Arbeitern“ ist auf der nordöstlichen Fassade des 1900 eingeweihten Gebäudes zu lesen. Spontan mag man sich fragen, warum eigentlich ein weltweit expandierendes Chemieunternehmen ein Gesellschaftshaus für seine Angestellten bauen ließ. Zumal ein solch aufwendiges dazu, denn der herrschaftliche Gründerzeitbau war für damalige Verhältnisse alles andere als bescheiden. Verortet ist er bis heute in der Wöhlerstraße, die ehemals der BASF-Wohnkolonie zugeordnet wurde, hier waren die Wohnungen und Häuser für Beamte und Direktoren der BASF zu finden. Von einer großzügigen Parkanlage umgeben schien der aufwendig gestaltete Bau zweierlei zu symbolisieren: einerseits ein selbstbewusst demonstrierter Wohlstand durch wirtschaftlichen Erfolg, andererseits jedoch auch eine zunehmende Umsorgung der Angestellten, denen mehr als nur ein regelmäßiger Lohn geboten werden musste.Um das zu verstehen, muss man einen Blick auf die jüngste Geschichte des Unternehmens werfen.

Das Unternehmen als Familie

Um 1900 war die Badische Anilin- und Sodafabrik eines der führenden Chemieunternehmen weltweit. Zu dieser Zeit stellten Arbeiter das Gros der Belegschaft, doch von wachsender Bedeutung waren Chemiker, Ingenieure und kaufmännische Beamte. Darin spiegelte sich der Schwerpunkt der Verwissenschaftlichung sowie die zunehmende Bedeutung der technologischen Entwicklung. Die Firmenleitung setzte in der Unternehmensstrategie zunehmend auf eigenständige Forschung und die Entwicklung neuer Herstellungsverfahren, um neue Produkte zu vertreiben.Um dies langfristig leisten zu können,musste das Unternehmen seine Arbeiterinnenund Arbeiter, insbesondere aber die führenden Köpfe, die für diese Aufgaben eine Schlüsselfunktion hatten, an den Betrieb binden. Denn auch wenn die Firma wuchs, gab es eine recht hohe Fluktuation – zahlreiche Chemiker machten sich damals selbständig oder wechselten zu anderen Unternehmen. Neben der Bezahlung versuchte die Firmenleitung auch über den Bau von werkeigenen Wohnungen und Häusern, Angeboten in Aus- und Fortbildung, eine betriebliche Krankenkasse, eine Pensionskasse oder auch die Gestaltung der Freizeit die Loyalität gegenüber dem Unternehmen zu sichern.

"Eine Stätte zur Pflege der Geselligkeit"

Unter den zahlreichen Annehmlichkeiten zählte auch das Gesellschaftshaus. Es wurde maßgeblich vom Chemiker Gustav Siegle, der bis 1905 dem Aufsichtsrat der BASF angehört hatte, finanziert. Der am 14. Dezember 1900 eröffnete Neubau bot neben einer eigenen Bücherei mit Lesezimmer einen Speisesaal, Gesellschafts- und Konferenzräume, einen großen Festsaal und sogar eine Kegelbahn. Der zweigeschossige Backsteinbau, im Inneren mit aufwendigen Verzierungen versehen, war im Stil der Neorenaissance gehalten,dem Mitte des 19. Jahrhunderts vorherrschenden Baustil. Die 35-köpfige Delegation der „Pfälzischen Kreisgesellschaft des Bayerischen Architekten- und Ingenieurvereins“, die zwei Tage nach der Eröffnung für eine Besichtigung nach Ludwigshafen reiste, zeigte sich jedenfalls tief beeindruckt und attestierte der neuen „Stätte zur Pflege der Geselligkeit“ eine „mit großer Hingebung fein durchbildete vornehme Einfachheit“. Die Führung hatte Eugen Haueisen höchstpersönlich übernommen. Haueisen war als festangestellter Architekt der BASF nicht nur Planer des Gesellschaftshauses gewesen, aus seiner Feder stammen unter anderem auch die Arbeitersiedlung „Hemshofkolonie“, der Ausbau des Ludwigshafener Werks oder Wohnungen für Arbeiter und höhere Angestellte und Direktoren. 1943 wurden der große Saal sowie die zwei Türme durch einen Fliegerangriff zerstört, der Wiederaufbau des Saals und Daches erfolgte jedoch nicht mehr nach den Originalentwürfen, denn auf die Rekonstruktion der Türme hatte man verzichtet. Das Innere des Baus ist jedoch noch weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben, Stukkaturen und Holzschnitzereien sind noch heute Teil der Innenausstattung.

Eine historische Sitzung

Bis zum Ende der 1940er Jahre war durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs das Gesellschaftshaus einer der wenigen Orte in Ludwigshafen, an dem größere Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Wahrscheinlich war dies und die symbolische Wirkung der besonderen Architektur der Grund dafür, dass hier das erste Zusammentreffen eines städtischen Gremiums nach Kriegsende stattfand. Auf Veranlassung der amerikanischen Besatzungsmacht wurde in Ludwigshafen ein Beirat gegründet, der eine beratende Funktion beim Wiederaufbau der Stadt hatte. Die konstituierende und damit erste Sitzung fand am 27. April 1945 statt, der Beirat setzte sich aus allen Schichten der Einwohnerschaft Ludwigshafens zusammen. Die Erklärung umriss die notwendigen Maßnahmen: Aktivierung wirtschaftlicher Tätigkeiten, Kooperation mit der amerikanischen Militärregierung in Fragen der Ernährungsversorgung, möglichst rascher Bau vonWohnungen. Abgesehen vom Wiederaufbau des zerstörten großen Saales und Daches im Jahr 1950 wurde das Gebäude im Jahr 2000 grundlegend renoviert und ist bis heute ein Wahrzeichen des wirtschaftlichen Aufstiegs der Stadt.