Durch die Ansiedlung eines Werks der BASF Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Oppau zu einer der reichsten Pfälzer Gemeinden. Das Stadtbild veränderte sich, unter den zahlreichen Neubauten war auch das Rathaus. Es hat zwei Weltkriege und die Explosion des Stickstoffwerkes überstanden und war 1933 Schauplatz dramatischer Ereignisse.

Der Beschluss des Gemeinderates in Oppau für den Bau eines neuen Rathauses im Februar 1913 kam nicht von ungefähr. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Ort durch Land- verkäufe und die Ansiedlung des Stickstoffwerkes der BASF sukzessive zu einer wohlhabenden In- dustriegemeinde entwickelt. Die Entwicklung von einer landwirtschaftlich geprägten Gegend hin zu einem Industriestandort brachte nicht nur mehr Geld in die Gemeindekassen, sondern sorgte auch durch den Zuzug neuer Arbeiter für einen raschen Anstieg der Bevölkerung. Um 1915 arbeitete nur noch ein geringer Anteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft. In dieser Zeit war Oppau eines der wohlhabendsten Dörfer der Pfalz. Und in diesen Zeitraum fällt auch der Bau des neuen Rathauses.

Ein neues Haus soll entstehen

Rückblickend kommentierte der Oppau-Edigheimer Anzeiger im Oktober 1917, das alte Rathaus von 1731 habe mit seinen „primitiven Raumverhältnissen“ in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs und der „ungeheuerlichen Entwicklung Oppaus“ den höheren Anforderungen an ein Verwaltungsgebäude nicht mehr entsprochen. Immerhin hatte es das Hochwasser von 1882 überstanden. Doch die im Dienste stehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen wohl unter den Bedingungen im alten Gebäude gelitten haben, denn, so stellt der Autor des Artikels mitfühlend fest, „schon im Interesse unserer Beamten, um ihren Körper nicht ganz zu ruinieren, war diese Erbauung eine absolute Notwendigkeit“. Für die Planung des Neubaus wurde der vielfach geehrte Architekt und Hochschullehrer Friedrich Pützer gewonnen, der im Rhein-Main-Gebiet und insbesondere in Darmstadt tätig gewesen war. Pützers Entwurf war ein zweigeschossiger Bau, der auf harmonische Weise Elemente der Renaissance, des Barocks und des Jugendstils miteinander vereinte. Besonders auffällig sind das kunstvoll geschmiedete Geländer und die Arkaden des Haupteingangs. Bis heute ist das Gebäude weitestgehend im Originalzustand geblieben.

Trotz Kriegszeiten wird gebaut

Doch der Baubeginn verzögerte sich zunächst, denn die Suche nach einem geeigneten Bauplatz gestaltete sich schwieriger als gedacht. Die Verkehrsinfrastruktur Oppaus sollte verbessert und Straßenzüge vergrößert werden, so war es zunächst unklar, wo der ideale Ort für das neue Gebäude zu finden sein könnte. Schließlich wurde ein geeignetes Anwesen ausgemacht, im Frühjahr 1915 lag die Genehmigung vor und dem Baubeginn stand somit nichts mehr im Weg. Der Gemeinderat entschloss sich zu einer soliden handwerklichen Ausführung und einer hochwertigen Ausstattung, die finanziellen Voraussetzungen waren dafür gegeben. Obwohl die Arbeiten zunächst zügig vorankamen, erschwerten die Umstände während des Ersten Weltkriegs jedoch eine raschere Ausführung. Der Rohbau wurde plangemäß fertiggestellt, doch der Abschluss der folgenden Gewerke verzögerte sich aufgrund der schwierigen Bedingungen. Den Strom für das neue Gebäude lieferte ab 1916 die BASF, ein Jahr darauf wurden als letzte Maßnahme die neuen Möbel geliefert. Der exakte Zeitpunkt von Grundsteinlegung und Fertigstellung des Gebäudes ist nicht mehr zu rekonstruieren – die Vermutung, dass man aufgrund der Kriegszeiten auf öffentliche Feiern verzichtete, liegt nahe. Schließlich konnte der Oppau-Edigheimer Anzeiger vom 17. September 1917 eine offizielle Einladung zur ersten Sitzung des Gemeinderates für den folgenden Tag bekanntgeben. Diese war für 20 Uhr angesetzt, der erste Tagesordnungspunkt sah ganz im Zeichen der Zeit die „Veräußerung von Gemeindegelände in der neuen Nachtweide und in den langen Weihgärten“ vor.

Unruhige Zeiten überstanden

Die zerstörerischen Ereignisse der beiden Weltkriege hat das Gebäude ebenso überstanden wie auch die verheerende Explosion des Stickstoffwerkes der BASF im September 1921. Im Jahr 1933 wurde das Rathaus Schauplatz dramatischer Szenen, als am 10. März der Sozialdemokrat Georg Hüter erschossen wurde. Am Morgen waren SA- und SS- Männer in das Rathaus eingedrungen und hatten eine Nazi-Fahne aus einem Fenster gehisst. Der sozialdemokratische Bürgermeister Rudolf Zorn versuchte vergeblich, den gesetzeswiedrigen Akt rückgängig zu machen und die Fahne einzuholen. Hüter, der zu diesem Zeitpunkt aus der Menschenmenge vor dem Rathaus trat, wurde schließlich beim Versuch, die Fahne von außen herunterzuziehen, erschossen. Im Andenken an Hüter wurde eine Gedenktafel am Rathaus angebracht und der angrenzende Platz nach ihm benannt.