Friedenskirche
Im Ludwigshafener Norden steht ein markantes Beispiel für den evangelischen Kirchenbau: Die Friedenskirche in Friesenheim ist ein bedeutendes architektonisches Denkmal. Die Kombination aus einer mutigen Planung und dem Einsatz neuer Materialien ließ ein Bauwerk gelingen, das weit über die Region hinaus beachtet wurde.

Ohne die wachsende Zahl an Protestanten im Norden Ludwigshafens wäre der Stadtteil Friesenheim vielleicht um einen markanten Bau ärmer. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab es Pläne, eine zweite Kirche für die Gemeinde zu errichten und einen neuen Seelsorgebezirk zu gründen. Dieses Vorhaben konkretisierte sich dann Mitte der 1920er Jahre. Der Vorstand der Kirchengemeinde II hatte bereits im Jahr 1913 einen Bauplatz für ein neues Gebäude erworben, doch der Erste Weltkrieg verhinderte ab 1914 zunächst alleweiteren Planungen. Nachdem der Ebertpark und die als breite Promenade angelegte Fichtestraße errichtet worden waren, entschied man sich für den Schnittpunkt Fichtesttaße und Leuschnerstraße als Platz für den neuen Monumentalbau, nachdem man zuvor mit der Stadtverwaltung den alten Bauplatz gegen den neuen eingetauscht hatte.
Ein mutiger Entwurf
Dem Bau waren zwei Wettbewerbe für die Entwürfe des Kirchengebäudes, des Pfarrhauses sowie des Schwestern- oder Gemeindehauses vorausgegangen. Die Ausschreibung erfolgte 1925/26, und die Wahl fiel schließlich auf die Ludwigshafener Architekten Karl Latteyer und Hans Schneider, deren Idee einen sogenannten Zentralbau vorsah. Vorbild dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Auferstehungskirche in Essen gewesen sein, die als Vorbild für den modernen europäischen Kirchenbau galt und 1929 nach den Plänen von Otto Bartning, einem der Begründer der Idee des Bauhauses, errichtet wurde. Beim Zentralbau ist im Gegensatz zum Langbau der Grundriss eine regelmäßige geometrische Figur, die nach allen Seiten gleichförmig ausgerichtet ist und deren Hauptachsen gleich lang sind. Dabei entstand das Konzept der Friedenskirche nicht zufällig. In einer Sonderbeilage des Ludwigshafener General-Anzeigers aus dem Jahr 1932 erklärten die Architekten ihren Entwurf mit dem „evangelischen Kultbauproblem": dieses verlange eine „grundsätzliche Einhelligkeit der Raumlösung", die Architektur ermögliche „für den Altar- und Kanzeldienst nur eine Richtung des Gebäudes, des Gefühls und der ideellen Spannung". Die Raumwahrnehmung sollte „einheitlich"sein. Um die Harmonie des Rundbaus durch einen angegliederten Glockenturm nicht zu stören wurde dieser dann über die Mitte des Zentrums gebaut. Vor der Zerstörung war das Bauwerk fast 55 Meter hoch. Die Eisenbetonkonstruktion war ein mutiger Entwurf und konnte aufgrund einer modernen Planung und Bauausführung mit modernsten Materialien gelingen. Zur Gewährleistung einer guten Akustik wurden für den Innenbereich Korkplatten und eine Holzverkleidung für die Decke gewählt. Eine prächtige Orgel mit insgesamt 3.350 Pfeifen vollendete die Innenaussttattung. Nach der Grundsteinlegung im April 1931 konnte die Einweihung am 17. Juli 1932 stattfinden. Den Feierlichkeiten war ein Gottesdienst in der Apostelkirche vorausgegangen, dem ein Festzug zur neuen Kirche folgte, wo dann vor dem Kirchenportal in Gegenwart des damaligen Oberbürgermeisters Fritz Ecarius der Schlüssel übergeben wurde.
Die Kirche und ein Kunstwerk werden zerstört
Doch die Freude über das neue Kirchenhaus für den gewachsenen Seelsorgebezirk hielt nicht lange an, denn der Beginn des Zweiten Weltkrie stand kurz bevor. Wie auch zahlreiche andere Gebäude der Ludwigsharener Innenstadt ereilte die Friedenskirche 1943/44 nach mehreren Bombenangriffen das Schicksal der Zerstörung. Doch nicht nur einen architektonischen, auch einen kunstgeschichtlichen Verlust musste die Gemeinde hinnehmen, denn ein überregional bekanntes Golgatha-Fresko des Künstlers Max Slevogt an der Altarwand übertand den Krieg nicht. Slevogt hatte das 100 Quadratmeter große Fresko 1932 kurz vor seinem Tod vollendet. Der Schriftsteller und Dichter Arno Reinfrank beschrieb in Pfälzer Mundart als Zeuge noch das unrühmliche Ende des Freskos durch eine Gruppe Jungen, die in einer Art Wurf-Wettbewerb mit Backsteinen den Putz mitsamt des Kunstwerks endgültig zerstörten: ,,Nooch zwää Daach Schmeiße war vum Herr Christus nix mer do als bissel Himmel driwwer (...) Jetzt hot die Friedsnskerch nix mehr zu biete g'hat un is aa langweilisch worre." Als Ersatz schuf der deutsche Kunstmaler MacLean 1957 ein neues Altarbild.
Der Abriss der Ruine wird abgewendet
Zunächst schien es um die Ruine nicht gut bestellt, denn das Presbyterium der Pfarrei II beschloss 1947 den Abriss, was jedoch nicht ohne Widerstand bleiben sollte. Das Stadtbauamt Ludwigshafen betonte den Wert der Kirche für das Stadtbild, man wollte den Bau zu anderen kulturellen Zwecken umfunktionieren und einen alternativen Platz für eine neue Kirche anbieten. Der Vorstand der Kirchengemeinde beharrte zunächst auf den Abriss, doch die Wende kam durch Otto Mehringer, der 1950 als Pfarrer für den Bezirk III nach Ludwigshafen kam. Mehringer organisierte zum gegenseitigen Kennenlernen Nachbarschaftsabende, die in Gastwirtschaften stattfanden. 1952 plante er die Gründung eines Kirchenbauvereins, denn der Wunsch unter den Gemeindemitgliedern schien eindeutig auf den Wiederaufbau der Friedenskirche abzuzielen, auch Mehringers Nachfolger Eugen Herrmann setzte sich ab 1953 dafür ein. 1954/55 schließlich wurde die Kirche nach den Plänen des Architekten Ernst Zinsser erneut aufgebaut, die erhalten gebliebenen Konstruktionsteile wurden einbezogen und die ursprüngliche Grundform beibehalten. Nach zwei Jahren Bauzeit konnte die Kirche am 29. April 1956 ein zweites Mal eingeweiht werden. 1992 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt.